Allgemein gilt: Sport ist gesund. Doch gilt das tatsächlich für jede Sportart und beispielsweise auch für den Leistungssport? Was macht Sport mit unserem Körper? Und was ist dran an der lateinischen Redewendung über den gesunden Geist im gesunden Körper? Wir sprachen mit Experten über die ganzheitlichen Effekte körperlicher Aktivität.
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Tägliches Training, Wettkampfvorbereitungen, immer wieder Verletzungen, Reha-Maßnahmen im Eiltempo – für den Körper eines Leistungssportlers ist das Alltag. Dass das nichts mit gesunder körperlicher Ertüchtigung zu tun hat, bestätigt uns Sportwissenschaftler Sebastian Wagener, der im interdisziplinären Gesundheitszentrum „R2comSport“ viele Profisportler betreut.
Für sie seien Training und Sport „in erster Linie ein Beruf mit hohem Spezialisierungsgrad.“ Aufgrund dieser Spezifität in der jeweiligen Sportart und die hohen Trainings- und Wettkampfbelastungen komme es häufig zur Überbeanspruchung. „Hier ist es besonders wichtig, ein gezieltes Ausgleichstraining zu integrieren. Zudem hat die Regeneration einen hohen Stellenwert.“
Leistungsdruck vermeiden
Wir Normalsterblichen, die keinen Marathon in zwei Stunden laufen müssen oder nach einem Bänderriss nicht bloß einen Monat Zeit haben, um wieder fit zu werden, sind also allemal besser dran: Wir können uns aussuchen, wann wir trainieren, welchen Sport wir treiben und mit welchem Ziel.
Dennoch gibt es leider viele Amateure, die für den strammen Bizeps oder die Bikini-Figur zu häufig an ihre körperlichen Grenzen gehen – mit fatalen Folgen. Denn zu viel Sport ist im Grunde genauso ungesund wie gar keine Bewegung: Man überfordert den Organismus und macht ihn anfälliger für Erreger – genau das Gegenteil vom positiven Effekt regelmäßiger Bewegung, die das Immunsystem ja nachweislich stärkt.
„Grundsätzlich gilt: Lieber dreimal wöchentlich für 30 Minuten als einmal wöchentlich für 90 Minuten trainieren“, so Sebastian Wagener. Zudem, so der Sportwissenschaftler, sollte man seinem Körper auch Pausen gönnen, um sich zu erholen.
Jung bleiben durch Bewegung
„Sport ist die Anti-Aging-Maßnahme schlechthin“, erklärt Sebastian Wagener. „Schließlich liegt Bewegung in unserer Natur. Ohne Bewegung kann sich unser Knorpel nicht richtig mit Nährstoffen versorgen. Die Muskulatur verkümmert, Haltungsschwächen entstehen. Das Herz-Kreislauf-System verliert seine Leistungsfähigkeit, sämtliche Organe, darunter auch das Gehirn, werden weniger durchblutet. All das führt zu vorzeitiger Alterung – und zwar nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Mit ein wenig regelmäßiger Bewegung, am besten an der frischen Luft, kann man diesen Prozessen jedoch bis ins hohe Alter entgegenwirken.“
Dafür eignet sich am besten eine Kombination aus Ausdauersport und Muskelkrafttraining: Ausdauertraining fördert die Herz-Lungen Leistungsfähigkeit, die Durchblutung sowie den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel und schützt zudem vor Stress. Das Muskelkrafttraining regt das Knochen- und Knorpelwachstum an, kräftigt die Sehnen, beugt Muskelverlust und Haltungsschwächen vor und verbessert die Koordination sowie die Beweglichkeit.
Gesunder Geist…
Doch nicht nur Beweglichkeit, Koordinationsfähigkeit, Muskelkraft, Ausdauer und Schnelligkeit werden durch Sport positiv beeinflusst, wie Sebastian Wagener betont: „Regelmäßiger Sport wirkt sich vielfältig positiv auf das neuronale System und damit auch auf die Konzentrationsfähigkeit aus. Besonders stark wirkt die Kombination von Bewegung und Lernen. Neuere Studien zeigen, dass es bei intensiven Lernprozessen in Kombination mit Bewegung sogar zur Neubildung von Neuronen, also Gehirnzellen, kommen kann.“
Zudem konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Muskelstoffwechsel und der Aktivität verschiedener Gehirnregionen nachgewiesen werden, welche für Stimmungsschwankungen, Müdigkeit und Stressanfälligkeit zuständig sind. Sport ist demnach also auch gut für die Psyche. Nicht umsonst verordnen Psychologen bei leichten Depressionen Jogging statt Pillen!
Gewusst wie
Man muss sich also weder selbst kasteien noch täglich trainieren, um Geist und Körper fit zu halten. Und es ist nie zu spät, mit Sport anzufangen. Wer allerdings jahrelang inaktiv war und eventuell vorbelastet ist, weil er raucht, einen hohen Blutdruck, Übergewicht oder Diabetes hat oder aber Schädigungen am Bewegungsapparat, sollte vorher einen Gesundheits-Check-up beim Hausarzt bzw. beim Orthopäden durchführen lassen.
„Anleitung ist ohnehin wichtig“, unterstreicht Sebastian Wagener abschließend. „Profisportler stehen ständig unter medizinischer Kontrolle und bekommen spezielle Trainingspläne. Freizeitsportler indes sind häufig auf sich allein gestellt und begehen die typischen Fehler: So kommt in den meisten Fällen das Aufwärmprogramm zu kurz. Gerade wenn es kalt ist, sollte man sich mindestens 10 Minuten lang intensiv aufwärmen. So können die körpereigenen Stoffwechselprozesse besser ablaufen und Verletzungen wird vorgebeugt. Des Weiteren kommt es oft zur Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit, gerade bei Wiedereinsteigern. Außerdem wird die Notwendigkeit der Regenerationsphasen nach wie vor unterschätzt. Unser Körper braucht Pausen, um sich von sportlichen Belastungen zu erholen.“
Body and Soul
Den Körper als Einheit verstehen – das ist der Ansatz des international anerkannten Massage- und Wellness-Heilers Bill Curry, der zurzeit im Six Senses Spa des Soneva Fushi auf den Malediven tätig ist.
Der Reiki-Meister und Träger des Schwarzen Gürtels in Jiu Jitsu reiste einst als eines der ersten männlichen Top-Models um die ganze Welt und erlernte die verschiedensten traditionellen Methoden des Trainings und Heilens.
Wie kamst Du zu Deinem holistischen Ansatz?
Seit meinem Studium machte ich die verschiedensten Sportarten und Workouts, beschäftigte mich mit Atemtechniken, Aromatherapie, Yoga, Kampfsport und Meditation. Anfang der 1980er Jahre hatte ich das Glück, Charles „Red Hawk“ Thom, einen Medizinmann vom Stamme der Karuk im Norden Kaliforniens, kennenzulernen. In den folgenden 15 Jahren durfte ich an einigen von ihm geleiteten Schwitzzelt- Zeremonien teilnehmen. Er lehrte mich das Heilen mithilfe von Klängen und Kräutern. Seitdem vereine ich Training und Sport mit der Kunst des Heilens.
Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Ja. Als ich vier Tage und vier Nächte in den Bergen bei einem Lakota Sioux Hanblecheyapi war. Oder wie man es auch nennt: auf spiritueller Reise.
„Mens sana in corpore sano.” Wie würdest Du diese Weisheit definieren?
Als Leben in Harmonie und Balance. In der heutigen Welt, in der wir unsere Wurzeln und unsere Verbindung mit Mutter Erde nahezu ganz vergessen haben, müssen wir uns auf alte Werte und Weisheiten besinnen und versuchen, diese auf moderne Weise in unseren stressreichen Alltag zu integrieren. Indem wir uns vorwiegend mit Bio-Produkten ernähren, sowohl Körper als auch Geist trainieren, Freundschaften pflegen und uns selbst sowie andere respektieren und lieben. Es ist eine Lebensaufgabe, mit offenem Geist und Herzen durch das Leben zu gehen und dabei stets an sich zu arbeiten. Doch es ist möglich.
Gibt es eine perfekte Kombination von Ernährung, Sport und Lebensstil?
Das ist ganz individuell und ändert sich im Laufe des Lebens. Doch generell kann man sagen: Wenn wir mit unseren täglichen Aufgaben, beruflich wie privat, Schritt halten können, indem wir gesunde Entscheidungen für unseren Geist und Körper sowie unsere Mitmenschen und Umwelt treffen, sind wir auf dem besten Wege zu einem Leben in Balance.
Wie wichtig ist Entspannung für ein gesundes Leben?
Ich glaube, wir können lernen, selbst in den schwierigsten Momenten, sowohl für Körper als auch Psyche, relaxt zu sein. Dieses Lernen ist für ein gesundes Leben viel wichtiger als jede Diät, Work-out oder der bestbezahlte Job. Wenn wir in der Lage sind, uns ab und an aus der harten und hektischen Realität auszuklinken und vollkommen zu entspannen, ohne dafür ein Yoga-Studio besuchen zu müssen, bewegen wir uns in die richtige Richtung hin zu einem harmonischen Leben. Das macht uns automatisch offener dafür, richtige und für unseren Körper gesunde Entscheidungen zu treffen.
Gibt es etwas, das jeder tun kann, um ein wenig gesünder zu sein?
Für mich war es, die richtigen Atemtechniken zu erlernen. Wenn man diese in den richtigen Situationen anwendet, kann unser Körper seine selbstheilenden Kräfte auf ein optimales Level bringen