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Nur wenige Künstler lösen schon mit einem einzigen Songtitel Begeisterung aus – Bryan Adams gehört mit „Summer of 69 “ definitiv dazu. Doch der kanadische Musiker ist nicht nur für seine ikonischen Hits bekannt, sondern auch als beeindruckender Fotograf. Dies zeigte seine aktuelle Ausstellung im Ernst Leitz-Museum in Wetzlar, die bis zum 22. September zu sehen war. Die Werkschau umfasst vier Serien und bietet einen faszinierenden Einblick in Adams‘ fotografisches Schaffen.
Besonders die Serie „Exposed“ sticht hervor, in der er Celebrities wie Amy Winehouse, Mick Jagger, Kate Moss und Königin Elizabeth II. porträtiert hat. Immer mit größtmöglicher Nähe, ohne die Porträtierten bloßzustellen. Man sieht es den beeindruckenden Portraits an: Vor seiner Kamera haben sich offenbar alle wohl gefühlt. Mit experimentellen Techniken, wie dem Einsatz von farbigem Plexiglas, verleiht er in der Serie „Colour“ einigen dieser Aufnahmen eine ganz besondere Intensität. In „Wounded: The Legacy of War“ hat Bryan Adams britische Soldaten und Soldatinnen besucht, die in Afghanistan und im Irak verletzt wurden.
Er schafft es mit seinen Porträts, dass sie trotz aller schockierenden körperlichen Versehrtheiten Stärke, Selbstbewusstsein und Zuversicht ausstrahlen. Mit ebenso großer Empathie widmet er sich in der Serie „Homeless“ Menschen am Rande der Gesellschaft. Zu erleben sind Porträts, die tief berühren und nachwirken.
Zur Eröffnung der Ausstellung Ende Juni war Bryan Adams, der momentan mit seiner Band in Europa tourt, anwesend. Bescheiden und konzentriert erläuterte er den handverlesenen Gästen seine fotografischen Visionen. Für seine Fans in Frankfurt gab es ein weiteres Highlight: Am 8. Oktober trat er in der Festhalle auf.
Bryan Adams im großen Interview
Lieber Bryan, bitte verrate uns: Warum stellst Du Deine Kunstwerke im Ernst Leitz Museum in Wetzlar aus?
Das Leica-Team hat mich immer sehr unterstützt und bot mir eine Ausstellung an. Eine Ausstellung ist immer eine spannende Erfahrung, schließlich entwickelt man sich selbst auch weiter, wenn das eigene Werk von anderen betrachtet wird. Dann nämlich erkennt man, was an der eigenen Arbeit noch fehlt und wohin die nächsten Schritte führen könnten.
Ich habe erfahren, dass du ein Studio in Berlin besitzt. Offensichtlich schätzt du die deutsche Kultur?
Deutschland ist für mich ein fantastischer Ort zum Arbeiten, und das schon seit Langem. Ich habe Anfang der 80er-Jahre zunächst als Musiker hier gearbeitet und im Laufe der Jahre die Menschen und das Land wirklich lieben gelernt. Es war also naheliegend, dort ein eigenes Arbeitsumfeld zu entwickeln, und Berlin war die offensichtliche Wahl, da es so viele unerschlossene oder völlig verlassene Areale gab. Ich erfuhr von einer baufälligen Ventilfabrik in Oberschöneweide. Schon in dem Moment, als ich das Gelände betrat, wusste ich, dass es perfekt passte.
Die Fabrik befindet sich etwas außerhalb des Zentrums, direkt an der Spree. Innerhalb von zwei Jahren richtete ich eine ganze Reihe von Arbeits- und Event-Studios ein. Die „Spreehalle“ ist eine fantastische Einrichtung. Dennoch, nach und nach verkaufte ich alles an Künstler und Architekten. Mir ist es wichtig, flexibel zu bleiben und nicht an einen Ort gebunden zu sein.

Du bist bekannt für deine brillanten Songs – warum arbeitest du auch als Fotograf?
Anfangs war ich einfach nur neugierig. Die Fotos dienten lediglich zur Erinnerung an die Orte, an denen ich gewesen war und was ich gerade machte, wie etwa Tourneen, Zeit mit der Familie bis hin zu meinen Studio-Sessions. Doch plötzlich, auf einer Reise nach Tokio in den späten 80er-Jahren, veränderte der Kauf einer Rolleiflex-Kamera wirklich alles. Für mich war es unfassbar, wie sie selbst schlechten Aufnahmen noch Qualität verlieh. Genau diese Kamera war meine Inspiration, die Fotografie ernster zu nehmen. Aber ich hatte damals noch keine Ahnung, dass sie mich dahin führen würde, wo ich heute bin.
Empfindest du die beiden Kunstformen – Musik und Fotografie – als verwandt oder siehst du Unterschiede?
Sie sind nicht gleich, aber sie sind im Innersten miteinander verwoben. In beiden Kunstformen ist es möglich, aus dem Nichts etwas zu erschaffen. Ich glaube, wenn es richtig gut gelingt, dann ist es pure Magie. Den Tag mit einer Idee zu beginnen und sie am Ende verwirklicht zu haben, ist etwas Großartiges. Gute Songs kommen einem nicht oft in den Sinn. Aber wenn es passiert, ist es jedes Mal noch eine Menge Arbeit, ihn aufzunehmen und zu veröffentlichen.
Genauso ist es mit Fotos: Man hat vielleicht ein Konzept, dies oder jenes zu fotografieren, aber es bis zu dem Punkt zu treiben, wo es originell oder einprägsam ist, ist es nicht nur Arbeit, sondern es spielt auch eine Portion Glück mit – oder sagen wir, ein Wunder.
Wo fühlst du dich eher zu Hause: auf der Bühne mit der Musik oder beim Fotografieren und Porträtieren?
Ich liebe beides. Dennoch kann ich mich durchaus an jene Anfangszeiten erinnern, als ich noch keinen rechten Begriff davon hatte, was ich tat. Leider gibt es ja weder für das eine noch das andere Medium eine exakte Bedienungsanleitung, wie man arbeiten sollte. Natürlich kann man Musik, Drama, Tanz oder Fotografie studieren. Aber ich bin überzeugt, dass der einzige Weg, eine der beiden Kunstformen wirklich zu beherrschen, ist, sich damit in die Welt hinaus zu wagen und aus den Fehlern zu lernen.

Würdest du sagen, dass Fotografieren entspannter ist?
Entspannter? Das würde ich nicht sagen. Da ist eine ganze Menge vorzubereiten und zu bedenken, damit beim Fotografieren alles reibungslos klappt, Du bist teils Techniker, teils Künstler, aber auch Diplomat und Regisseur. Du bist der Einzige, der weiß, zu welchem Ergebnis das Shooting führen soll. Vor dem eigentlichen Shooting plane ich Tage im Voraus und überlege: Werde ich die Aufnahmen in diesem Studio machen? Oder in jenem? Wer soll zum Team gehören? Finden die Aufnahmen bei Tageslicht oder mit Studiobeleuchtung statt? Wer kümmert sich um das Styling? Es ist schier endlos …
Was war das berührendste Foto, das du gemacht hast und warum?
Es gibt viele, aber eines könnte das sein, als mein Bruder und ich uns im Krankenhaus um unseren Vater kümmerten. Wir saßen an seinem Bett und sahen zu, wie er im Sterben lag. Da gab es diesen Moment, als ich meine Hand auf seine Hände legte und bat meinen Bruder, dasselbe zu tun, und ich machte ein Foto von diesem Moment.
Hast du ein Vorbild in der Fotografie, wie zum Beispiel Henri Cartier-Bresson oder Helmut Newton?
Ich mag Helmut sehr. Ich wollte, dass er zusammen mit uns am „Zoo Magazine“ arbeitet, und es wäre fast dazu gekommen. Aber ich liebe auch Richard Avedon. Ich würde sagen, seine Arbeit hat mich am stärksten beeinflusst.

Welche Kamera benutzt du?
In letzter Zeit arbeite ich erstaunlich oft mit dem iPhone, aber normalerweise entscheide ich mich für Mittelformatkameras wie etwa die Mamiya RZ. Bei den Aufnahmen für den Pirelli-Kalender griff ich zum ersten Mal zur Fuji GFX100, die fabelhaft ist. Allerdings bin ich so daran gewöhnt, mit dem Sucher auf Hüfthöhe zu fotografieren, dass ich immer wieder zu dem zurückkehre, was mir am vertrautesten ist.
Welche Celebrity würdest du gerne porträtieren?
Im Moment konzentriere ich mich weniger auf Aufnahmen berühmter Personen, vielmehr konzentriere ich mich auf Videos. Ich führe Regie und erstelle Videos für Youtube. Für diesen Zweck empfinde ich die Fuji-Kamera und das iPhone als sehr inspirierend, da deren Videofunktionen brillant sind.
Wie verlief dein Foto-Shooting mit Queen Elizabeth II?
Wie du dir denken kannst, war es eine große Ehre. Zur Zeit ihres Silbernen Thronjubiläums stellte mich mein Freund und Kollege, der Fotograf Yousef Karsh, der Agentur Camera Press in London vor. Eines Tages rief mich die Agentur an und informierte, dass sie vom Buckingham Palace gebeten wurden, Fotografen aus allen Mitgliedsländern des Commonwealth zu engagieren, um das Jubiläum zu dokumentieren. Sie fragten, ob ich bereit sei, Kanada zu vertreten und ihr Porträt machen möchte. Allerdings war die Bedingung für die Aufnahmen, dass jedem Fotografen für das Shooting nur fünf Minuten eingeräumt würden. Natürlich sagte ich zu, jedoch mit der verrückten Idee, die Aufnahmen mit der Deardorff 8×10 Kamera zu schießen.

Glücklicherweise hatte ich zudem eine Fuji 35 mm Kompaktkamera dabei! Aber es stellte sich heraus, dass Ihre Majestät von der alten Kamera sehr beeindruckt war und so wurde das, was für mich aufgrund des Zeitdrucks bei der Arbeit mit Platten und Einlegen des Films als technischer Albtraum begann, zum absoluten Eisbrecher für die Sitzung. Ich erinnere mich, wie Ihre Majestät zu Prinz Philip etwas in der Art sagte wie: „Schau doch mal, Philip, solch eine alte Kamera haben wir ja schon lange nicht mehr gesehen!“, und wie du dir vorstellen kannst, wurden aus meinen 5 Minuten viel mehr.
„Mein Rat wäre für alle kreativen Bereiche derselbe: Folgt eurem Bauchgefühl, studiert die Meister des Fachs, versucht, etwas Neues zu machen, und habt keine Angst davor, es zu vermasseln, denn das wird passieren!“ – Bryan Adams
Hast du einen Ratschlag für junge Leute, die eine künstlerische Karriere einschlagen möchten?
Mein Rat wäre für alle kreativen Bereiche derselbe: Folgt eurem Bauchgefühl, studiert die Meister des Fachs, versucht, etwas Neues zu machen, und habt keine Angst davor, es zu vermasseln, denn das wird passieren!
Noch eine Schlussfrage, Bryan: Du wirst am 8. Oktober 2024 in Frankfurt auf der Bühne der Festhalle stehen. Hast du eine Botschaft an das Frankfurter Publikum?
Ja, natürlich. Ich bin „So Happy It Hurts“ wieder in Frankfurt aufzutreten.
Die Fragen stellte Edda Rössler.
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