Es ist eines der schönsten und zugleich grausamsten Experimente der Operngeschichte: Man nehme zwei Paare, deren Liebe unerschütterlich scheint, und setze sie einer zynischen Versuchsanordnung über die menschliche Treue aus. Mit Wolfgang Amadeus Mozarts Così fan tutte wagt sich die Oper Frankfurt zum Saisonauftakt an ein Meisterwerk, dessen funkelnde Oberfläche seit jeher einen Abgrund an Desillusionierung verbirgt. Die spannende Frage des Abends lautet daher nicht nur, ob die Liebe zerbricht, sondern wie eine neue Frankfurter Lesart diesen Fall inszeniert.
Seit seiner Uraufführung 1790 provoziert dieses letzte Werk aus der kongenialen Zusammenarbeit von Mozart und seinem Librettisten Lorenzo Da Ponte. Lange als zu frivol oder gar unmoralisch abgetan, entfaltet die „Schule der Liebenden“ heute ihre ganze, beunruhigende Modernität. Sie hält uns einen Spiegel vor, dessen Erkenntnis ebenso banal wie schmerzhaft ist: So machen es eben alle.
Für die musikalische Anatomie dieses Seelendramas zeichnet Generalmusikdirektor Thomas Guggeis verantwortlich. Nach seinem eindrucksvollen Figaro widmet er sich nun dem dritten Teil der Da-Ponte-Trilogie und trifft dabei auf eine Regisseurin, deren Ruf für psychologische Tiefenschärfe ihr vorauseilt: Die Französin Mariame Clément, an Häusern wie Glyndebourne für ihre präzisen Mozart-Deutungen gefeiert, gibt mit dieser Inszenierung ihr mit Spannung erwartetes Hausdebüt in Frankfurt.
Das Wagnis dieser Neuproduktion manifestiert sich auch in der Besetzung. Statt auf erprobte Routiniers setzt das Haus auf ein durchweg junges Ensemble aus eigenen Talenten, Mitgliedern des Opernstudios und aufstrebenden Gästen. Dieser bewusste Verzicht auf etablierte Konventionen verspricht eine Interpretation von unmittelbarer, emotionaler Wahrhaftigkeit. Es ist der Versuch, die komplexen Gefühlswelten von Fiordiligi, Dorabella und ihren unglückseligen Verlobten nicht nur zu spielen, sondern aus dem Geist einer neuen Generation heraus fast körperlich spürbar zu machen.
Es verspricht ein Abend zu werden, dessen eigentliches Drama erst beginnt, wenn der Schlussapplaus verklungen ist und die unbequemen Fragen die Stille füllen.
Die Premiere von „Così fan tutte“ findet am Sonntag, 21. September 2025, um 18 Uhr im Opernhaus Frankfurt statt.