Dreidimensional, glänzend und bunt ist die Kunst von Anni Holliday. Der Pop-Art-Künstler James Rizzi, einer der Pioniere der 3-D-Grafik, war ihr Vorbild. Sogar der US-Schauspieler Robert Redford hat ihre Kunst lobend gewürdigt.
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Anni Holliday trägt in ihrem Atelier weiße Baumwoll-Handschuhe. Nur mit ihnen fasst sie die großformatigen Aludibond-Platten an, die sie nach ihren eigenen Entwürfen fertigen lässt. Auf die Platten klebt sie mit dickeren Abstandshaltern Details aus hochglänzendem Fotomaterial. So entsteht beim Betrachter der dreidimensionale Eindruck der abstrakten Gebilde, Spiralen, Wellen oder auch Fischschwärme, die reliefartig und plastisch, aber immer auch farbenfroh und fröhlich wirken. „Ich will mit ihnen Lebensfreude ausstrahlen. Die Welt ist grau und negativ genug“, stellt die Künstlerin fest, die sich in der Tradition der Pop-Art-Künstler wie James Rizzi sieht.
Ihr Künstlername ist Anni Holliday, der sie von ihrem privaten Ich trennt. Unter Anni Holliday entwirft und verkauft sie seit einigen Jahren ihre Bilder. Als Anette Brookmann hat sie einst Betriebswirtschaftslehre studiert und anschließend 20 Jahre lang als Personalreferentin für die Deutsche Bank gearbeitet. 2019 kehrte sie ihrem Leben als Angestellte den Rücken und konzentrierte sich auf ihre Kunst. Gemalt hat sie allerdings immer schon in ihrem Leben, auch verschiedene Techniken von Öl bis Acryl ausprobiert. „Ich habe als Kind sogar schon ähnliche Dinge gemacht wie heute, ich habe stundenlang Muster und Figuren per Hand gemalt und coloriert“, erinnert sie sich.
Vom Job zur Passion
Ihr Bild „Faces“, eine Ansammlung von kleinen, ganz unterschiedlichen Gesichtern, die sie derzeit produziert und dreidimensional fertigstellt, habe sie bereits Anfang der 1990er als 20-Jährige entworfen, erzählt sie. Weil ihre Eltern sie aber damals aufforderten, „etwas Vernünftiges“ zu machen, entschied sie sich für die Bank und malte nach Feierabend. „Die Arbeit war interessant, doch ich habe gemerkt, dass ich nicht so richtig dorthin passe. Das war ein Job.“ Die Produktion ihrer Bilder, die Abwechslung aus Malen, Gestalten, Fotografieren und der technischen Umsetzung am Computer sei für sie dagegen heute die Erfüllung.
Das bemerkten auch ihre Kollegen sehr schnell, wenn die Personalreferentin bei Telefonkonferenzen mal wieder kleine Bildchen mit Textmarkern entwarf. „Immer mehr Kollegen wollten so ein Bild von mir haben. Sie wurden deshalb immer ausgefeilter und persönlicher.“ So malte sie zum Beispiel den Namen einer Kollegin in 3-D-Optik und einen Papagei dazu, weil diese die Tiere so mochte. „Immer öfter bekam ich gesagt, das müsstest du eigentlich professionell machen.“
Dank von Robert Redford
Zugleich kam Bestätigung von prominenter Seite, die ihr das nötige Selbstbewusstsein und damit den Startschuss zu ihrem Leben als Künstlerin gab. „Ich bin ein großer Fan von Robert Redford und habe mich viel mit seiner Vita beschäftigt.“ Als sie las, dass er sich nicht nur für Kunst interessiert, sondern auch mit einer deutschen Künstlerin verheiratet ist, kam sie 2015 auf die Idee, ihm ein Bild zu schicken. Sie entwarf eines ihrer Werke in 3-D-Optik, in dem sie mit dem Wort „Sundance“ spielt, dem Namen seiner Lieblingsfigur aus der Western-Komöde „Zwei Banditen – Butch Cassidy und Sundance Kid“ von 1969.
„Ich wollte ihm eine Anerkennung für seine Arbeit schenken“, erzählt sie und nahm schließlich Kontakt zu seinem Assistenten in Utah auf, mit dem sie – auf ihre eigenen Kosten – den Transport organisierte. „Das war nicht günstig, aber es war es mir wert. Ein Schuss Verrücktheit gehört zur Kunst dazu.“ Nur zwei Wochen später lag ein persönlicher Brief des US-Schauspielers in ihrem Briefkasten, in dem er sich für das „durchdachte“ Werk mit den Worten bedankt: „Es ist eine Belohnung.“
Individuelle Handarbeit
Das erste Werk, das Anni Holliday in 3-D-Optik entworfen hat, hängt heute hinter Glas in ihrem Wohnzimmer. Sie probierte damals mit einfachen Mitteln die Wirkung dieser Technik aus. „Ich habe meinen Entwurf mit einem Farbkopierer vervielfältigt und als Abstandshalter einen Küchenschwamm benutzt“, erzählt sie. Inspiriert hatten sie die Bilder von James Rizzi, der für seine comicartigen Zeichnungen von Menschen und Stadtansichten die 3-D-Grafik als Erster nutzte. „Ich wollte ihn aber nicht kopieren und verwende ein völlig anderes Material und andere Motive.“ Durch das hochglänzende Fotopapier in ihren Werken entsteht deshalb zusätzlich zur Reliefwirkung ein Glas- oder Wassereffekt.
Jedes ihrer Bilder produziert Anni Holliday in einer Auflage von zehn Stück. „Ich möchte, dass mehr Menschen etwas davon haben“, stellt die Künstlerin fest. Trotzdem ist jedes ihrer Werke individuell. „Ich male als erstes ein Bild oder nehme eine meiner Fotografien, welche ich teilweise am Computer verfremde.“ Ist diese Grundlage in zehnfacher Ausfertigung auf Aludibond-Platte aufgebracht, wird jedes einzelne Bild per Hand mit dem Fotopapier beklebt, sodass nie zwei gleiche Werke entstehen.
Für Menschen in aller Welt
Die Interpretation ihrer Bilder überlässt die Künstlerin gerne dem Betrachter. Bei Werken wie „Fishing 2“, in dem ein einziger Fisch in einem Schwarm in die entgegengesetzte Richtung schwimmt, fällt es leicht, ihre Intention nachzuvollziehen. Bei anderen ging es ihr eher darum, in Farben zu schwelgen. „Dekorative Kunst“ nennt sie ihre meist großformatigen Bilder daher auch und sieht sie an den Wänden von Privatleuten mit viel Platz, Firmen, Hotels oder Organisationen.
Auf ihrer interaktiven Internetseite www.anni-holliday.com, über die sie die Bilder vertreibt, kann der Kunde sie sich daher direkt an der Wand großzügiger Wohnräume zeigen lassen. Ein dezenter Plexiglasrahmen, den sie eigens dafür entwickelt hat, schützt das Bild vor Staub wie ein kleiner Schaukasten. Ausstellungen, die ihr mehr Öffentlichkeit bringen würden, konnte Anni Holliday aufgrund von Corona bislang nicht organisieren. Das soll sich aber bald ändern. Am liebsten würde sie damit global Interesse für ihre Bilder wecken und hat dafür sogar schon ein Flightcase entwickelt, in dem diese sich verschicken lassen. „Meine Bilder sind nicht politisch oder religiös. Sie können genauso in Japan, Dubai, Amerika, Nairobi oder Russland hängen. Ich mag die Idee, Menschen in aller Welt könnten das Lebensbejahende und Fröhliche in meinen Bildern sehen.“