Kerzenlicht flackert, Beats wummern. Gerade so laut, dass man sich noch unterhalten kann. Private Club Kitchen bei Bernd Breiter, dem Erfinder von Big City Beats World Club Dome in Hanau. Eine Atmosphäre zwischen Clubbing, Romantik, Showcase und Stehempfang mit seinen Freunden, wie Unternehmer Mao Lal und Model Farahnos Dehkonova. „Ich hasse gedeckte Tische“, stellt der Gastgeber klar. „Ich liebe es, wenn alle um die Kochinsel versammelt sind, sich unterhalten und zu satten Beats tanzen.“ Von Kitti Pohl und Holger Peters (Fotos)
Bernd Breiter hasst es, Essen vorzubereiten. Als die Gäste eintreffen, verliert sich auf der Kochinsel gerade mal eine Knoblauchknolle, ein Schneidebrett aus Holz und ein japanisches Kochmesser aus extrahartem Damast-Stahl, „der Stahl, aus dem die Samurai-Schwerter sind“, so Breiter. Club-Musik ertönt, italienischer Lugana schimmert in den Gläsern. Gespannte Erwartung. Bevor er jedoch zum Herd schreitet, gönnt Breiter sich erstmal eine dicke Zigarre auf der Terrasse. „Ich koche gern relaxt“, sagt der Event-Veranstalter und bläst genussvoll einen Rauchkringel in die Luft.
Kochen als Kampfkunst
Kaum hat er eine Viertelstunde später jedoch die Schürze umgebunden, ist Action pur angesagt. Kochen, das ist seins, das spürt man sofort. Die Präzision, mit der er Knoblauchzehen in exakt gleichgroße Mini-Stückchen hackt und sie in Sekundenschnelle mit der Messerbreitseite zum saftigen Häufchen drückt, könnte er in einem Kampfkunst-Kurs gelernt haben. „Wartet erstmal ab, bis ich den Messertanz mache!“, lacht der Gastgeber und dreht die Beats lauter.
Seine Liebe zum Kochen hat Breiter vor 20 Jahren entdeckt: „Ich bin Autodidakt. Habe nie einen Kochkurs besucht oder ein Kochbuch besessen. Durch meine Veranstaltungsreihe ‚Club Kitchen‘ kenne ich aber Leute wie Tim Mälzer und Frank Rosin, von denen ich viel aufschnappe.“
„Ich hasse es, wenn mir jemand beim Kochen hilft!“ – Bernd Breiter
Zack, zack, zack zerkleinert er drei Zwiebeln: „Frank Rosin, den ich ganz gut kenne, hat mal zu mir gesagt: Pass auf, wenn du ein Steak machst, dann gebe danach noch ein bisschen Butter drauf, dann etwas Öl und einen Tropfen Zitrone. Das habe ich ausprobiert. Das Resultat war unglaublich! So kam eins zum anderen. Unverkrampft, spontan und intuitiv.“ Pause, dann: „Ich hasse es auch, wenn mir jemand beim Kochen hilft!“
Bernd Breiter kocht nur nach Gefühl
Seine Knoblauchpaste, die er mit ordentlich Meersalz gepimpt hat, gibt Breiter in einen schweren Steinmörser. Von prallen Bündeln Petersilie, Basilikum und Koriander reißt er zwei volle Hände ab: „Ohne frische Kräuter geht bei mir nichts“, sagt er, während er alles mit dem Stößel zu einem grünen Brei zerdrückt.
Nichts wird abgemessen oder abgewogen. Bernd Breiter kocht nach Gefühl, nicht nach Rezept. Hier ein üppiger Schuss Olivenöl, da eine lässig mit der Hand ausgequetschte Zitronenhälfte, ein Schuss Balsamico Crema, eine großzügige Prise Fleur de Sel – fertig ist die Salsa Verde, die später zu den Rumpsteaks serviert werden soll. Einige Spritzer kommen jetzt schon über die Käsewürfel und den Prosciutto, die Breiter auf einem Brett als Amuse Gueule anrichtet. Scusi, Bernd – Käse VOR dem Essen? „Natürlich. Warum denn nicht?“
Los Leute, aufessen!
In der Pfanne zischt das Olivenöl, Bernd lässt frische Salbeiblätter reinregnen. Nach zwei Minuten sind sie kross frittiert. Ganz vorsichtig hebt er sie heraus, denn Salbeichips brechen schnell. Meersalz drüber. „Dieser Duft! Ich sterbe!“, seufzt jemand in einer Ecke der Küche. Bernd klatscht in die Hände: „This drives me crazy! Los, Leute, aufessen! Sonst mach’ ich nicht weiter!“ Im Nu ist alles verputzt.
Kurz drauf gibt der Gastgeber Löffelchen für Löffelchen echten russischen Trojka Kaviar vom sibirischen Stör reihum auf hingestreckte Handrücken. „Zeigt her eure Fäuste! Wo sind die Hände?“ Mit Genießermiene lassen die Gäste die köstlichen schwarzen Perlen zwischen Zunge und Gaumen zerplatzen. Bernd treibt die Freunde ebenso an wie die ständig wummernden Beats: „Die Dose wird leer gemacht, bevor es weitergeht! So hab’ ich das von meinen russischen Freunden gelernt! Welcome to Bernie’s Privat Club Kitchen in da House, yeah!“ Die Stimmung steigt.
Bernd Breiters Geheimwaffe: Sauce
Bernd hat unvermittelt zwei prachtvolle Schwertfisch- und Lachs-Filetstücke aus dem Kühlschrank gezaubert. Mit Schmackes kommt Meersalz und Petersilie drüber, ab in die mit Olivenöl erhitzte Pfanne. Über dem dampfenden Fisch lässt Bernd mit großer Geste die obligatorische italienische Pfeffermühle aus Holz kreisen. Den Lachs brät er nur kurz an, damit er innen roh bleibt, und seziert ihn dann – Obacht, Messerkunst! – hochkonzentriert in hauchdünne Streifen: Voilà, hausgemachtes Sashimi!
Die blitzende Klinge fährt in das Schwertfischstück, das in einer gefühlten Nanosekunde in mundgerechte Würfel fällt. Die Sauce zum Fisch ist ein Gedicht, ihre Rezeptur ein Geheimnis: „Bernie B’s Magic Sauce ist meine Geheimwaffe. Eine Eigenkreation. Keiner konnte bisher widerstehen.“ Wir auch nicht.
Cheerleader am Herd
Es macht Spaß, Bernd Breiter beim Kochen zuzuschauen. Impulsiv, wenn er unvermittelt Lauchzwiebeln und Korianderbündel wie Pompons durch die Luft wirbelt: „Ich wollte immer mal Cheerleader sein!“ Fokussiert, wie in Trance, wenn er Haut vom Lachs löst. Um dann ein argentinisches Rumpsteak von satten zwei Kilo zärtlich wie ein Baby in den Armen zu wiegen und dann kräftig mit Pfeffer, Meersalz und Olivenöl einzureiben. „Kochen ist rabiat!“, ruft er plötzlich mit gespielt wütender Miene und rupft die Petersilie, dass die Blättchen nur so fliegen. Im Rhythmus der Beats schält der Mann Zucchinis, schneidet sie der Länge nach in Streifen, salzt, pfeffert und träufelt Olivenöl drauf.
Geschnittene Salatherzen, Pinienkerne natur und getrocknete Aprikosen fliegen zielgenau in eine Schüssel. Staudensellerie wird kleingehackt, während die in Streifen geschnittenen Kräuterseitlinge in Olivenöl ausgebraten und Austernpilze darüber gestreut werden. Es zischt, als Bernd sein volles Glas Lugana unversehens in die Pilzpfanne schüttet, die duftend vor sich hin schmurgelt.
Breiter packt den Pfannenstiel mit beiden Händen, wirft tänzelnd die Pilze in die Luft. Bei jedem Auffangen landet Inhalt zischend auf der rotglühenden Herdplatte. Man muss schmunzeln: Beim Pfannenwenden hat der Mann auf jeden Fall noch Luft nach oben! Mao Lal macht Selfies, Farahnos tanzt, die Gäste amüsieren sich.
Salatsauce geschüttelt, nicht gerührt
Die Salatsauce – lässige Routine für Breiter: Verschiedene Senfsorten, Zitronensaft, Knoblauchpaste, Honig, Kräuter und Gewürze fliegen in ein Einmachglas, Deckel drauf. Er schüttelt das Dressing im Glas wie einen Martini im Shaker, showmäßig wie ein Barkeeper. „Hmmm, Alter!“, rollt er beim Abschmecken die Augen. Auch wir naschen und geben uns ganz der angenehmen Schärfe hin, die langsam durch die Nase hinter die Stirn kribbelt.
Noch ein Klacks saure Sahne und ein Schuss Marsala in die Pilzpfanne, dann tanzt der Hausherr durch die Terrassentür nach draußen zum Grill. Zwischen brutzelnden Wildfang-Gambas aus dem Atlantik, Rumpsteaks und Zucchini-Streifen fauchen Flammen empor. Grillmeister Bernd ist ins Wenden vertieft und nicht mehr ansprechbar.
Der Koch isst nichts
Kurz drauf schmelzen Butterstückchen auf saftigen Steaks. Vier Stunden sind wie im Flug vergangen. Sichtlich ausgepowert und happy richtet Bernd Teller mit Rumpsteaks, Gambas, Zucchinistreifen, Pilzgemüse, Avocado-Scheiben, Ajvar (türkische Paprika-Würzpaste) und Salat an: „Surf ’n’ Turf at its best!“ Nur nicht für sich selbst: „Hab’ zu viel probiert, keinen Hunger mehr.“ Da lässt er lieber seine Finger über die Klaviertasten fliegen, improvisiert von gefühlvoll bis rockig. Wir staunen. Dabei ist es so leicht: „Kochen ist Intuition, genau wie Musik machen. Es kommt einfach aus mir he-raus.“ Einfach so.
Bernd Breiters Private Club Kitchen: Das Menü
Amuse Gueule
– Knusprige Salbei-Chips mit Meersalz
– Drei Sorten Bergkäse
– Prosciutto mit Honig-Senf-Sauce
Vorspeise
– Duett von Lachs und Schwertfisch
– Sashimi bei 400 Grad einseitig angeröstet an Bernie B’s Geheimsauce
– Trojka Kaviar vom sibirischen Stör
Weinempfehlung
Santi – „Folàr“ Lugana DOC 2018
(C&C Großmarkt)
Hauptspeise
– Atlantik-Garnelen (Wildfang)
– Argentinisches Rumpsteak mit Salsa Verde und Pilzgemüse
– Mixed Salad mit Bernies Senfdressing an Pinienkernen und getrockneten Aprikosen
– Gebratene Zucchini mit frischen Kräutern
– Avocado-Scheiben mit Meersalz, Pfeffer und leichter Zitrusnote
Weinempfehlung
Speri – Amarone DOCG Classico Sant’Urbano 2016
(Piero Massi Selektion)
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