Rekord-Fußballer Dieter Müller ist einer der erfolgreichsten Torjäger der Bundesliga. Johanna Höhl stellt mit ihren beiden Kindern in der Familien-Manufaktur feine regionale Apfel-Spezialitäten her. Nach 24 Jahren wilder Ehe hat das Paar letzten August geheiratet. Für unsere Serie „Prominente am Herd“ haben wir den Wein-Kenner und die Apfelwein-Queen zu Hause in Maintal besucht. Von: Kitti Pohl und Michael Hohmann (Fotos)
Die Arbeitsteilung in der Küche ist für das Ehepaar Müller/Höhl klar wie Kloßbrühe: „Ich koche das Essen. Dieter ist für die Romantik und die Weine zuständig“, sagt Johanna und der Ex-Profi nickt zustimmend: „Ich kann zwar ein bisschen kochen, aber Johanna ist so eine super Köchin, da brauche ich erst gar nicht anzufangen. Mit Weinen kenne ich mich besser aus!“ Johanna, die schon immer gerne gekocht hat, voller Überzeugung: „Wer lesen kann, kann auch kochen. Es ist total einfach. Du brauchst nur die richtigen Zutaten!“
Der totale Genussmensch
Johanna hat Rotbarbe auf Süßkartoffeln gewählt, ein Rezept aus der kreolischen Küche. Als Vorspeise einen herbstlichen Salat mit Birnen und Roquefort. Dass es ein Gericht mit französischem Blauschimmelkäse gibt, ist ihre Hommage an Dieters Fußball-Jahre in Frankreich: Der Offenbacher spielte von 1982 bis 1985 bei Girondins Bordeaux, wurde zweimal französischer Meister.
In dieser Zeit entwickelte sich der Torjäger zum leidenschaftlichen Gourmet und Wein-Experten. Liebe geht durch den Magen, davon ist Johanna Höhl überzeugt: „Die Art, wie ich koche und würze, scheint genau sein Ding zu sein. Dieter liebt, was ich zubereite, und das motiviert mich zusätzlich“, lächelt Johanna Höhl: „Dieter ist ein totaler Genussmensch.“
Sauerbraten Nürnberger Art
Während Johanna Lauchzwiebeln akribisch in winzige Würfelchen hackt, erfahren wir, wie es war, als sie ihren Dieter zum ersten Mal bekochte. Mitte der 1990er-Jahre, frisch verliebt, Johanna gerade getrennt von ihrem ersten Mann: „Ich wusste, dass Dieter es deftig mag, und machte Sauerbraten. In Nürnberg, wo ich zuvor während des Studiums gelebt hatte, bröselt man traditionell Lebkuchen hinein. Das Aroma von Nelke und Muskatnuss ist eine wunderbare Ergänzung, es macht den Sauerbraten ein wenig süß.“
Sie hält kurz inne, während sie eine Knoblauchzehe halbiert. „Sauer und süß ist sowieso das Geheimnis des Kochens: Wo ein bisschen Säure ist, muss auch ein bisschen Süße sein und umgekehrt. Jedenfalls – ich habe wohl zu viel Lebkuchen genommen. Dieter nahm einen Bissen und meinte: Hmmmm – Sauerbraten Nürnberger Art!“
Beide lachen. „Ich liebe Fleisch wie Kalbshaxe und Ochsenschwanz, habe meine Ernährung aber umgestellt.“ Johanna, die ihre ersten fünf Lebensjahre in der Metzgerei ihrer Großeltern in Dörnigheim verbracht hat, isst seit über 20 Jahren kein Fleisch mehr.
Die gemütliche Küche mit der praktischen Kochinsel ist Lebensmittelpunkt der Familie. Hier haben Johannas Kinder früher Schularbeiten gemacht, hier werden Gäste empfangen und bewirtet. Auf dem Kachelofen zeugen leere Weinflaschen von geselligen Stunden. Auf den Etiketten persönliche Widmungen der Gäste, Datum und Anlass. „Besondere Anlässe krönen wir mit besonderen Weinen, auch wenn wir zu zweit sind“, sagt Johanna.
Weinprobe de Luxe
Dieter Müller zeigt auf ein gerahmtes Foto an der Wand neben dem Kachelofen, das ihn in einem Weinkeller zeigt. Und was für einem! „Das bin ich mit Madame Hasselot, bei der ich Französisch gelernt habe, und Raoul Blondin, dem Kellermeister von Chateau Mouton Rothschild. Ihn habe ich in meiner Zeit bei Girondins Bordeaux bei einem Besuch auf dem Weingut kennengelernt. Wir wurden sehr gute Freunde. Raoul verdanke ich meine Liebe zum Wein.“
Dank seiner Kontakte zu den besten Winzern im Bordeaux machte Dieter das Eintracht-Präsidium um Wolfgang Steubing und Peter Fischer mit einer Weinprobe im weltbekannten Weingut Petrus glücklich, als die Eintracht 2013 in der Europa League bei Girondins Bordeaux antrat. Die heiligen Weinkeller sind für Normalsterbliche eigentlich nicht zugänglich. Doch die Fußball-Legende wird hier als Held verehrt, ist in Bordeaux unsterblich.
Die Kapsel muss ab
Zur Vorspeise wählt Dieter Müller einen „Pure Provence Rosé 2019“ vom Weingut Mirabeau, einen fruchtigen Côtes de Provence „Passt perfekt zum Roquefort und der leichten Estragonnote“, erklärt der EM-Torschützenkönig von 1976, während er die gut gekühlte Flasche entkorkt: „Ich liebe Frankreich und französische Weine. Die Provence ist eine meiner Lieblingsgegenden.“
Dann beginnt der Ex-Präsident von Kickers Offenbach, die Kapsel am Flaschenhals abzuschälen. Eine kleine Wein-Marotte des zweifachen Bundesliga-Torschützenkönigs: „Ich mach die Kapsel der Flasche immer komplett runter, weil sie mir einfach auf die Nerven geht.“
Es klingelt an der Haustür. Ein Freund der Familie, Markus, kommt vorbei, um sich vier Exemplare von Dieter Müllers im Juni erschienenen Biographie „Meine zwei Leben“ signieren zu lassen. Dieter unterschreibt am Küchentisch, und als der Gast kurz drauf wieder weg ist, wollen wir wissen, wie der Ausnahme-Fußballer zum Buchautor wurde. Derweil mahlt Johanna Pimentkörner mit dem Mörser, würfelt Ingwer und Chilischoten klitzeklein für die Zitronenbutter.
Buch-Tipp
„Mounir Zitouni, mein Ghostwriter, war Spieler bei Kickers Offenbach, als ich Präsident war. Als Reporter interviewte er mich letztes Jahr für den Kicker. Ein gelungenes Interview, und er schlug mir vor, das Buch zu schreiben. Neun Monate lang haben wir uns zu Gesprächen getroffen, meist hier, in der Küche. Er hat sich mit Wegbegleitern getroffen, recherchiert.“ Entstanden ist ein bewegendes und sehr persönliches Buch, das zum Fußballbuch des Jahres 2020 nominiert ist.
Fußball und Schicksalsschläge
Darin erzählt Dieter von großen Sportmomenten und Schicksalsschlägen, wie seinem 31-minütigen Herzstillstand und dem Tod seines Sohnes mit 16: „Beim Thema Alexander sind Mounir und ich an unsere Grenzen gestoßen. Wir sind im Auto herumgefahren, ich habe erzählt und geweint. Es hat uns beide sehr mitgenommen.“
Dieter Müller schämt sich nicht für seine Tränen. „Mein Buch ist auch ein Stück Verarbeitung. Menschen schreiben mir Mails, bedanken sich, weil meine Lebensgeschichte ihnen Mut macht. Solche Reaktionen berühren mich sehr.“
Johanna schuppt die Rotbarben, die Dieter am Vormittag besorgt hat: „Leider gab es keine Filets, sondern nur ganze Fische. Profis haben ein Schuppenmesser, ich improvisiere mit dem Stahlschwämmchen“, sagt sie, bevor sie mit einem scharfen Messer die Ränder der Nordseefische abschneidet und vorsichtig die Mittelgräte herauslöst.
Sie hält kurz inne: „Immer, wenn ich ein Tier zubereite, egal ob Lammschulter, Kalbshaxe oder Fisch, bedanke ich mich, dass es sein Leben für uns gelassen hat. Und bitte darum, dass mir das Gericht auch gelingt.“
Währenddessen köchelt die Zitronenschale in einer köstlich duftenden Soße, der Zitronenbutter, vor sich hin. Wie bei fast allen Gerichten im Hause Höhl darf ein Schuss Bio-Apfelessig nicht fehlen: „Ich schwöre auf den Geschmack unserer
traditionellen Rezeptur 1779 mit Honig“, sagt Johanna. Als Aperitif genießen wir alkoholfreien Pomp, mit Rosmarinzweigen aus dem Garten.
Mit beiden Händen führt sich Johanna die frischen, sattgrünen Bündel Estragon, Koriander und Minze zur Nase: „Hmmmm, wie das duftet“, atmet sie genussvoll ein. Sie holt die eingelegten Süßkartoffeln aus dem Ofen, legt die Rotbarben darauf und Cherry-Tomaten. Als Johanna vorm Servieren liebevoll die Zitronenbutter über allem verteilt, zischt und duftet es mehr als verlockend: „Hach, wie der Rum und der Zimt riechen! Herrlich!“, freut sich die Köchin und macht sich daran, die Teller zu richten.
Die Weinbegleitung macht’s
Zum Hauptgang öffnet Dieter einen Weißburgunder 2019 vom Weingut Dr. Loosen an der Mosel: „Ein wunderbarer Essensbegleiter. Die Weinbegleitung ist extrem wichtig, weil die Aromen des Weins die Aromen der Speisen verändern und umgekehrt.“ Am gedeckten Tisch auf der Terrasse stoßen beide auf die Gesundheit an.
Schon bei der ersten Gabel schließt der Gourmet genüsslich die Augen, genießt die Geschmacksexplosionen auf seiner Zunge. „Ich habe immer gerne gegessen und könnte mir nie vorstellen, mit einer Frau zusammen zu sein, die nicht kochen kann“, sagt Dieter Müller und drückt seiner Johanna einen zärtlichen Kuss auf den Mund: „Du bist eine großartige Köchin!“
Buch-Tipp
REZEPTE
Aperitif
Pomp Grande Cuvée 0,0% Fruchtig
Dieser alkoholfreie, zertifizierte Bio-Aperitif ist schlank und spritzig. Edle Rieslingtraube und noble Champagner-Reinette verbinden sich mit handverlesenen Beeren, fein komponierten Kräutern und Gewürzen.
Herbstlicher Salat mit Birnen und Roquefort
Zutaten für Mayonnaise
1 Bio-Ei
1 EL Zitronensaft
1 EL Senf
½ TL Salz
250 g mildes Olivenöl
Pfeffer
Zutaten für Salat und Dressing
400 g Salat
3 reife Birnen
3 EL Cranberrys
3 EL Walnusskerne
180 g Roquefort-Käse
125 g Mayonnaise (selbstgemacht)
125 g Naturjoghurt
1 TL Estragon
1 TL Schnittlauch
1 EL rote Zwiebel
2 EL Portwein
1 TL Zitrone
1 EL „Dr. Höhls Rezeptur 1779“ (Apfelessig mit Honig)
Salz, Pfeffer
Zubereitung
Damit eine gute Mayonnaise gelingt, ist es zunächst wichtig, dass alle Zutaten Zimmertemperatur haben. Bio-Ei, Zitronensaft, Senf und Salz in einem Mixer emulgieren (im Thermomix 90 Sekunden auf Stufe 4). Dann ganz langsam das milde Olivenöl (oder Sonnenblumenöl) in einem feinen Strahl dazu fließen lassen. Mit Pfeffer abschmecken. Da frisches Bio-Ei verwendet wird, sollte die Mayo sofort in den Kühlschrank und innerhalb von zwei Tagen verzehrt werden.
Für das Dressing die selbstgemachte Mayonnaise mit dem Naturjoghurt verrühren. Zwiebel, Estragon und Schnittlauch fein hacken und unterrühren. Portwein, Zitronensaft und die „Rezeptur 1779“ übergießen, dann alles mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die feine Salatmischung (gerne auch Wildkräutersalat) putzen und auf tiefen Tellern anrichten.
Anschließend das Dressing so über die Blätter träufeln, dass alles gut benetzt ist. Birnen waschen und in Scheiben schneiden, Roquefort in kleine Stückchen zerteilen und mit den Wallnusskernen und Cranberrys über den Salat geben. Zum Abschluss mit frisch gemahlenem Pfeffer und etwas Fleur de Sel bestreuen.
Weinbegleitung
Mirabeau Pure Provence Rosé 2019
Ein edler, leicht silbrig glänzender Rosé mit einem feinen Boquet aus duftigen Zitrusfrüchten, Pink Grapefruit und einem Hauch roter Sommerbeeren.
Rotbarbe auf Süßkartoffeln
Zutaten für Zitronenbutter-Dressing
1 Bio-Zitrone
1 Knoblauchzehe
75 g Ingwer
1-2 Chilischoten
5 Pimentkörner
50 g brauner Zucker
75 g Butter
„Dr. Höhls Rezeptur 1779“ (Apfelessig mit Honig)
Salz
Zutaten fürs Hauptgericht
600 g Süßkartoffel
4 Rotbarbenfilets mit Haut
20 Cherrytomaten
100 g Schalotten
1 TL Ceylon-Zimt
¼ TL Muskatnuss
3 EL brauner Rum
3 EL feines Olivenöl
3 Stile Minze
3 Stile Koriander
Salz, Pfeffer
Zubereitung
Fürs Zitronenbutter-Dressing die Zitrone gut waschen und auspressen. Schalotten schälen und sehr fein würfeln. Dann Knoblauchzehe halbieren, weißen „Stift“ entfernen und in feine Würfelchen pressen. Ingwer schälen, die Chilischoten entkernen und beides ebenfalls sehr fein würfeln.
Die Pimentkörner im Mörser fein mahlen, dann zusammen mit braunem Zucker, Butter und allen vorausgegangenen Zutaten in einen Topf mischen. Einmal aufkochen lassen und mit Salz und „Rezeptur 1779“ abschmecken.
Für die Süßkartoffel-Marinade Ceylon-Zimt, Muskatnuss und Salz mit Rum und Olivenöl in einem Topf mischen. Süßkartoffeln schälen, längs in vier Teile schneiden und in die Marinade einlegen. Dann den Topf in den gut vorgeheizten Ofen und bei 200 Grad 15 Minuten garen lassen.
Die Rotbarbenfilets abspülen, trocken tupfen, salzen und mit der Hautseite nach oben auf die Süßkartoffel legen. Fünf Minuten garen lassen. Tomaten waschen, halbieren und ebenfalls auf dem Gericht verteilen. Noch sieben Minuten garen lassen. Währenddessen Minze und Koriander waschen, und Blättchen abzupfen.
Zum Anrichten erst die Süßkartoffeln und den Fisch auf einen Teller legen. Dann die selbstgemachte Zitronenbutter darüber geben und anschließend mit den Kräutern dekorieren.
Weinbegleitung
Dr. Loosen Weißburgunder 2019
Ein feiner, mineralischer Tropfen, trinkfreudig fruchtig, mit zart animierender Säure und der typischen Mineralität von den Schieferlagen der Mittelmosel.
Digestif
Mirabeau Dry Rosé Gin
Die neutrale Basis aus feinem, 100%igem Traubenalkohol gemischt mit einer Zugabe von etwas Mirabeau Classic Rosé, Zitronen und Koriander verleiht ihm einen angenehm milden Charakter.
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