Herbstzeit ist Kürbiszeit — für Gärtner, Hobby- und Gourmetköche und all jene, denen es um das Sammeln von Rekorden geht. von Dieter Mathiak
Matthias Würschings Hof, Andreas Kroliks Küche und Johann Lafers Heimat haben lediglich auf den allerersten Blick nichts miteinander zu tun. Auf den zweiten stellen sich diese Orte als wahre Zentren der Kürbiswelt heraus und ihre Protagonisten als Botschafter des gelben, orangefarbenen, beige-bräunlichen oder grünen Gemüses. Wobei schon diese Zuordnung in die Irre führt. Der Kürbis ist nämlich eine Beere. Eine Riesenbeere, um genau zu sein. Oder sollte man Giga-Beere sagen?
Matthias Würsching und seinen vielen Sportkameraden im Club der Kürbishätschler und -wieger kann der Gigantismus nicht weit genug gehen. Monatelang verbringen sie damit, möglichst große Exemplare zu produzieren. Nicht jene, die man auf den Märkten antreffen kann, wo sie wahlweise als Zutat für Kürbissuppe angepriesen oder als Dekoration für den herbstlich geschmückten Esszimmertisch empfohlen werden. Ein 901 Kilogramm wiegender Kürbisgigant holte sich 2016 den ersten Platz der Deutschen Meisterschaft im Kürbiswiegen, sollte aber nicht zu falschen Schlüssen verführen.
Winzig sind nämlich viele Kürbisexemplare, handlich andere, und nur bei den allerwenigsten benötigt man Schubkarren oder Gabelstapler, um sie nach Hause zu transportieren. Nicht mal bei den mit Kürbissen verwandten Wassermelonen, gewiss nicht bei den Zucchinistangen, die ja auch nur Kürbisse sind. Unzählige Sorten sind bekannt in Europa, noch mehr existieren in Amerika, dort, wo Kürbis seit vielen Jahrtausenden gegessen wird: in Mittel- und Südamerika.
Von Kalebassen, Ölkürbissen und Truthähnen
Von dieser Tradition profitieren sie heute noch, die Amerikaner in Mexiko oder Bolivien und jene zwischen Boston und Las Vegas. Was wären die USA ohne den geschnitzten, zu Halloween nach draußen gestellten Kürbis, ohne Kürbispüree zum Thanksgiving-Truthahn? Amerikanische Alltagskultur ist prall gefüllt mit Kürbis, gern auch als Pumpkin Pie, als Kürbisbrot oder Pumpkin Cheesecake. Logisch, dass die ausgewanderten Iren nicht die aus der alten Heimat gewohnte Rübe aushöhlten und zur Fratze schnitzten, um den Teufel zu bannen, sondern auf das zurückgriffen, was gerade da war: den Kürbis. Halloween, wie wir es heute auch in Deutschland kennen, war entstanden.
Beliebte Kürbissorten
Flaschenkürbis — uralte, aus Afrika stammende Sorte, die ein bisschen aus der Mode gekommen ist. Kann sehr schmackhaft sein.
Hokkaido — eine der beliebtesten Sorten, weil die Farbe so herrlich leuchtet und die Schale mitverarbeitet werden kann.
Butternut — sehr beliebte Sorte mit mild-süßlichem Fleisch.
Atlantic Giant — die Lieblingssorte der Rekordsammler. Im besten Falle kann diese Sorte bis zu einer Tonne oder mehr auf
die Waage bringen.
Spaghettikürbis — Sorte mit faserigem Fruchtfleisch, das sich wie Spaghetti mit unterschiedlichen Saucen zubereiten lässt.
Muskat-/Moschuskürbis — Kürbisart mit aromatischem Fruchtfleisch.
Ölkürbis — Sorten, die vor allem ihrer schalenlosen Kerne wegen beliebt sind.
Zucchini — in grüner und, seltener, in gelber Farbe erhältlich, lässt sich mit Schale auf unterschiedliche Weise verarbeiten.
Und hätten Sie es gewusst? Auch die Gurke und die Wasser-melone gehören zur Familie der Kürbisse.
Zwar hatten die ersten amerikanischen Kürbissorten schon bald nach Kolumbus sogenannter Entdeckung Amerikas den Weg nach Europa gefunden, doch bis sich Butternutkürbis und Hokkaido in Frankreich, Italien oder Deutschland durchsetzten, sollte es noch dauern. Nur der Flaschenkürbis stand schon damals auf dem Speiseplan der Europäer. In Afrika heimisch, müssen sich einige Exemplare der flaschenförmigen Früchte schon vor Jahrtausenden selbstständig auf den Seeweg gemacht haben.
Weil die harte Schale etliche Monate Salzwassereinfluss überleben kann, verbreiteten sich die Flaschenkürbissorten über weite Teile der Welt – und das schon vor Beginn des Fernhandels. Beliebt waren sie übrigens auch wegen ihrer Schalen, die in getrockneter und verzierter Form ein begehrtes Konservierungsutensil darstellten: Die sogenannten Kalebassen waren (und sind) in vielen Kulturen das Äquivalent zu unseren Glasflaschen.
Ähnlich verliebt in den Kürbis wie die USA sind wohl nur noch die Menschen im Südosten Österreichs. „In meiner Heimat Steiermark sagt man ja, der Kürbis sei unser zweites Gesicht“, betont Johann Lafer. Der gebürtige Steirer, als Fernsehkoch längst zu Prominenz gelangt, wuchs vor allem mit dem Ölkürbis auf. Unter diesem Begriff fasst man jene Sorten zusammen, deren schalenlose Kerne mühelos in ein nussig duftendes, grün-schwarz schimmerndes Öl verwandelt werden können. Dass Johann Lafer längerfristig ohne ein paar Tropfen vom grünen Gold auskäme, ist schlicht nicht vorstellbar. „So darf auch in meiner Küche ein gutes Kürbiskernöl zur Verfeinerung von Salaten oder auch der klassischen Kürbiscremesuppe nicht fehlen“, schwärmt der Koch mit dem Schnauzer.
Liebling der Sterneköche, Gesundheitsapostel und Veganer
Doch wer glaubt, Kürbissuppe sei das Nonplusultra der orange-gelben Kochkunst, denkt womöglich auch noch, dass italienische Küche ihren Höhepunkt in Pizza Hawaii erlebte. Kürbis sei ein absolutes Allroundgemüse, schwärmt Andreas Krolik, Küchenchef des mit zwei Michelinsternen ausgezeichneten Restaurants Lafleur in Frankfurt. „Es ist sehr nahrhaft und gesund, und es passt zu Fleisch, Fisch und Seafood-Gerichten aller Art.“ Vorspeise? Beilage? Dessert? Alles kein Problem. Auch zum Einmachen ist er perfekt geeignet – als Marmelade, Chutney, gepickelt, süß oder sauer, mit Ingwer oder Curry.
„Meine Favoriten und geschmacklich am aussagekräftigsten sind Hokkaido, Butternut, alle Formen von Muskat/Moschuskürbissen, aber auch weniger bekannte Sorten wie Spaghettikürbis oder Sweet Dumpling kamen bei mir schon zum Einsatz“, erzählt Koch Krolik. Weil das Fruchtfleisch vieler Kürbisse gekocht und gebraten, geschmort und gebacken, auch getrocknet werden kann, ersetzt es sogar mühelos Fleisch. Im Frankfurter Lafleur steht gerade ein Gang im Gourmetmenü, der nicht nur Hardcore-Veganern, sondern auch konventionell essenden Gourmets das Wasser im Mundzusammenlaufen lässt: Kürbis in verschiedenen Zubereitungen mit Karotte, Bohne und Piquillo-Olivenjus mit Salzzitrone und Bohnenkraut. Gigantisch!
Kürbis Rezepte
Kürbisbrot
Butter und Weizenmehl für die Form
350 g Weizenmehl
1 ½ TL Backpulver
½ TL Natron
½ TL Salz
½ TL Zimtpulver
½ TL Ingwerpulver
2 Prisen Nelkenpulver
2 Prisen Muskatnuss
125 g Butter
30 g Zucker
2 Eier
175 ml Milch
250 g fein geraspelter Kürbis
(z. B. Hokkaido)
60 g gehackte Walnusskerne
60 g gewürfelte Datteln
Den Backofen auf 180 °C Ober- und Unterhitze vorheizen. Eine Kastenform (25 cm) mit Butter einfetten und mit Mehl bestäuben. Überschüssiges Mehl abklopfen.
Mehl, Backpulver, Natron, Salz und die restlichen Gewürze miteinander vermischen. Die Butter schmelzen. Die abgekühlte Butter mit Zucker, Eiern und Milch mit einem Handrührgerät verrühren. Kürbisraspel und Mehlmischung untermengen. Zum Schluss die Walnüsse und Datteln unterheben.
Den Teig in die vorbereitete Kastenform füllen und im Backofen auf dem Rost auf mittlerer Schiene ca. 55 Minuten backen. Herausnehmen, das Brot ca. 10 Minuten abkühlen lassen, anschließend aus der Form stürzen, wenden und vollständig auskühlen lassen.
Das Kürbisbrot schmeckt sehr lecker mit Salzbutter bestrichen und mit Bündnerfleisch belegt.
Kürbis-Risotto
ZUTATEN für 4 Portionen
500 g Hokkaidokürbis
1 Zwiebel
750 ml Gemüsebrühe
2 EL Butter
250 g Risottoreis
3 Stängel Basilikum
40 g frisch geriebener Parmesan
Salz, Pfeffer
1 Msp. Cayennepfeffer
Muskatnuss
Den Kürbis gründlich waschen, entkernen und das Fruchtfleisch in 1 cm große Würfel schneiden. Die Zwiebel schälen und fein würfeln. Die Gemüsebrühe erhitzen.
1 EL Butter in einem Topf erhitzen, die Zwiebelwürfel darin ca. 5 Minuten glasig anschwitzen, den Kürbis sowie den Risottoreis zugeben und ca. 3 Minuten mitbraten. Dann so viel heiße Brühe angießen, dass der Reis gerade bedeckt ist. Den Reis offen bei niedriger Temperatur kochen, dabei immer wieder Brühe nachgießen und umrühren, bis die Brühe aufgebraucht und der Reis bissfest ist.
Das Basilikum waschen, trocken schütteln, die Blättchen abzupfen und fein schneiden. Das Basilikum mit dem Parmesan unter das Risotto rühren und mit Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer und frisch geriebener Muskatnuss abschmecken. Zum Schluss die restliche Butter unterheben und servieren.
Die Rezepte Kürbisbrot und -Risotto stammen aus:
Kürbis-Papaya-Suppe
Zutaten für 4 Portionen
1 kg Kürbis
2 große Kartoffeln
etwa 1 l Gemüsebrühe
2 Papayas
½ Becher Sahne
Salz, Pfeffer
rosenscharfes Paprikapulver
Cayennepfeffer
1 Bund Petersilie
Den Kürbis schälen und entkernen, das Fruchtfleisch würfeln. Die Kartoffeln waschen, schälen und in Würfel schneiden.
Etwa ¾ l Gemüsebrühe in einem großen Topf aufsetzen, die Kürbis- und Kartoffelwürfel darin weich kochen.
Die Papayas halbieren, die Kerne und die Innenhaut auskratzen. Papayas schälen und in Stücke schneiden. Zur Suppe geben und nur ganz kurz aufkochen lassen. Die Suppe durch ein Passiersieb streichen (mit dem Pürierstab glatt mixen). Je nach Konsistenz die Suppe mit weiterer Gemüsebrühe aufgießen, noch einmal erhitzen und die Sahne unterrühren.
Die Suppe mit Salz, grob gemahlenem Pfeffer, Paprika und Cayennepfeffer pikant abschmecken. Die Petersilie waschen, trocknen, Blätter abzupfen und hacken, über die Suppe streuen und servieren.
Das Rezept Kürbis-Papaya-Suppe stammt aus:
- Biolek, Alfred (Author)
Der Wein zum Kürbis
Weinempfehlung von FINE – Das Weinmagazin
Der bekannteste Kürbis ist wohl der Hokkaido. Sein zarter und nussiger Geschmack verlangt einen Wein, der ihn vorsichtig unterstützt und nicht zu kräftig ist, vor allem, wenn der Kürbis pur gegessen wird. Ein Weiß- oder Grauburgunder mit feiner Fruchtnote und mineralischer Komponente eignet sich perfekt. Oder auch ein trockener Rosé.
Wer lieber Rotwein trinkt, sollte zum eleganten Spätburgunder greifen. Im Übrigen richtet sich die Weinauswahl nach der Zubereitung. Die Kürbissuppe mit Ingwer und etwas Schärfe verträgt beispielsweise einen dezent süßen Weißwein mit lebendiger Säure. Zu süßen Kürbisgerichten passt beispielsweise auch ein restsüßer Riesling.
www.fine-magazines.de
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