Wir kennen die typischen Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter. Doch Misopasten sind mehr als einfach nur salzig. Sie schmecken sehr würzig, voll und fast fleischig. Umami!
Umami wurde erstmals von dem japanischen Wissenschaftler Kikunae Ikeda im Jahre 1908 beschrieben und identifiziert. Er entdeckte, dass ein bestimmter Geschmack in bestimmten Lebensmitteln wie Tomaten, Parmesan-Käse und getrockneten Pilzen vorhanden war und ihm half, ein neues Geschmacksprinzip zu definieren. Auch wenn wir seit mehr als 100 Jahren von Umami wissen, hat es sich hier in Europa noch nicht in den Köpfen festgesetzt, ganz im Gegensatz zu Asien. Wer Umami versteht, erweitert sein bewusstes Geschmacksrepertoire noch mal deutlich und kann – kurz und etwas salopp gesagt – besser kochen.
„In Sachen Umami stehen wir erst am Anfang einer spannenden Entwicklung.“ – Heiko Antoniewicz
Dieser Geschmack wird durch den natürlichen Glutamat-Gehalt in Lebensmitteln verursacht, ein Aminosäure-Salz, das für den menschlichen Körper essenziell ist. Es ist jedoch nicht nur natürlich vorhanden, sondern auch in Form von Mononatriumglutamat (MSG) als Geschmacksverstärker in vielen Fertigprodukten enthalten. Der Umami-Geschmack kann dazu beitragen, dass Lebensmittel angenehmer und ansprechender schmecken, indem er andere Geschmacksrichtungen ergänzt und verstärkt. Daher wird Umami oft als „Geschmacks-Sauce“ bezeichnet, die jedes Gericht wohlschmeckender machen kann.
„Man muss allerdings aufpassen, sich nicht ausschließlich auf Umami zu beziehen“, sagt Heiko Antoniewicz, Koch und Autor des neuen Kochbuchs UMAMI, das im Wiesbadener TRE TORRI Verlag erschienen ist. „Denn nur Umami in der Küche funktioniert nicht. Der Geschmackssinn für Umami ist ein Baustein der Geschmacksbildung. Gute Gerichte zeichnet das Zusammenspiel von unterschiedlichen Geschmäckern aus. Bei der Arbeit zu diesem Buch war es mir daher besonders wichtig, eine Harmonie zwischen den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen zu erreichen.“
Buch-Tipp
- Antoniewicz, Heiko (Author)
Im Westen hat Umami in den letzten Jahren an Popularität gewonnen und wird heute in vielen Restaurants und Küchen weltweit genutzt. Bedenken bestehen bezüglich der Verwendung von künstlichem Glutamat als Geschmacksverstärker, da es bei einigen Menschen zu allergischen Reaktionen oder anderen gesundheitlichen Problemen führen kann. Experten empfehlen daher, natürliche Quellen von Umami zu bevorzugen und auf den übermäßigen Gebrauch von künstlichem Glutamat zu verzichten. Besonders für die japanische Küche, die großen Wert auf die Balance aller fünf Geschmacksrichtungen legt, ist Umami von großer Bedeutung. Insbesondere für die traditionelle Kaiseki-Küche.
„Als Menschen mit Freude am Essen sind wir ja immer wieder und in völlig unterschiedlichen Zusammenhängen auf der Suche nach dem perfekten Geschmack. Dabei verankern wir sensationelle Geschmackserlebnisse, wenn wir sie erleben, als feste Referenzpunkte in unserem Gedächtnis“, sagt Antoniewicz und erklärt, was den typischen Umami-Geschmack ausmacht, wie er sich im Zusammenspiel mit anderen Geschmacksrichtungen einordnen lässt und welche Zubereitungsarten die ganz besondere Umami-Note ideal geschmacklich herauskitzelt.
Rezepte
Blumenkohl Tintenfisch
Rezept für 4 Personen, Standzeit: 70 Minuten
BLUMENKOHL
1 Blumenkohl
Salz
40 ml Apfelsaft
2 Lorbeerblätter
Den Blumenkohl putzen, waschen und trocken tupfen. Grün und Strunk abschneiden und für eine spätere Verwendung beiseite legen. Den Blumenkohl in verschieden große Röschen zerteilen. In einem breiten Topf Wasser zum Kochen bringen. Mit Salz würzen, Apfelsaft und Lorbeer zugeben und einmal aufkochen. 20 Minuten ziehen lassen. Die Lorbeerblätter entnehmen. Die Blumenkohlröschen in dem Sud bissfest garen, abgießen und auskühlen lassen.
BLUMENKOHLCREME
Blumenkohlstrunk (s. o.)
100 ml Sonnenblumenöl
40 g Butter
1 Macis
Den Blumenkohlstrunk schälen und in Scheiben schneiden. In heißem (140 °C) Sonnenblumenöl frittieren und auf einem Küchentuch abtropfen lassen. Die Scheiben mit Butter und Macis in einem geeigneten Beutel vakuumieren. Bei 85 °C im Wasserbad 50 Minuten garen und noch warm im Mixer zu einer Creme verarbeiten und in eine Spritzflasche füllen.
BLUMENKOHLBLÄTTER
6 Blätter vom Blumenkohl (s. o.)
Salz
20 ml Arganölvinaigrette
100 ml Sonnenblumenöl
4 Blätter in stark gesalzenem, kochendem Wasser blanchieren, herausnehmen und in Eiswasser herunterkühlen. In einer Schüssel mit Arganölvinaigrette marinieren und zur Seite stellen. Die restlichen Blätter in 140 °C heißem Sonnenblumenöl frittieren und auf einem Küchentuch abtropfen lassen.
TINTENFISCH
8 Tintenfischköpfe
½ Bund Koriander
50 ml Sonnenblumenöl
Salz
30 ml Tomatenserum Umami
Chilipulver
Die Tintenfische putzen, waschen und trocken tupfen. Den Koriander waschen, trocken schutteln, die Blättchen abzupfen und fein hacken. Das Sonnenblumenöl in einer Pfanne erhitzen und die Tintenfischköpfe darin anbraten, leicht salzen, mit Tomatenserum und Chilipulver würzen. Etwas auskühlen lassen. Den Koriander unterheben und zur Seite stellen.
GARNITUR
2 g fein gemahlenes Irish Moos
Weißweinessigvinaigrette
ANRICHTEN
Das marinierte Blumenkohlgrün auf Tellern anrichten, mit den kleineren Blumenkohlröschen belegen und mit Irish Moos bestreuen. Große Segmente des Blumenkohls an der Unterseite mit einer Blow Torch leicht karamellisieren und anrichten. Tintenfischköpfe platzieren. Die Blumenkohlcreme auftupfen und die Vinaigrette verteilen.
GOLDFORELLE, SCHEIDENMUSCHEL, ROTE QUINOA, SAUERBROTSAUCE
Rezept für 4 Personen, Standzeit: 1 Stunde
GOLDFORELLE
1 Goldforelle
500 ml 3 %ige Salzlake
Die Forelle waschen, schuppen, filetieren und die Gräten herauszupfen. Die Haut nicht entfernen. Die Filets 60 Minuten in Salzlake einlegen, anschließend herausnehmen und trocken tupfen. Die Fischfilets in vier Stücke teilen und bei 55 °C 18 Minuten im Kombidämpfer, mit Klarsichtfolie abgedeckt, garen. Herausnehmen und einen Teil der Fischhaut aufrollen.
ROTE QUINOA
100 g rote Quinoa
3 g Rote-Bete-Granulat
250 ml Fischfond
10 ml Sojasauce
1 Stück Kombualge
Salz
Xanthanwasser
Die Quinoa mit warmem Wasser abspülen und abtropfen lassen. In einem Topf kurz ohne Fett anschwitzen. Das Granulat mit dem Fischfond und der Sojasauce auffüllen, die Kombualge dazugeben und alles dünsten. Leicht salzen, die Kombualge wieder entnehmen und die Quinoa mit etwas Xanthanwasser binden.
QUINOA GEPOPPT
40 g rote Quinoa
1 TL Limettenöl
Harissapulver
Die Quinoa in einer trockenen Pfanne rösten, bis die Körner aufpoppen. Mit dem Limettenöl marinieren und zum Schluss mit Harissa würzen.
SCHEIDENMUSCHELN
12 Scheidenmuscheln
20 ml Limettenöl
Abrieb von einer unbehandelten Limette
Die Muscheln waschen, säubern, öffnen und zuschneiden. Mit dem Limettenöl und Limettenabrieb marinieren und bis zum Servieren kühl stellen.
SAUERBROTSAUCE
1 weich geschmorte Schalotte
20 ml Noilly Prat
50 g Sauerbrot
150 ml Muschelsud
10 ml Brottrunk
5 ml Ketjap Asin
Die Schalotte mit dem Noilly Prat in einen Topf geben, kurz verkochen und mit den weiteren Zutaten vermengen. 10 Minuten quellen lassen und einmal aufkochen. Im Mixer pürieren und durch ein feines Sieb streichen.
GARNITUR
Algenpulver
grüne Shisokresse
ANRICHTEN
Die Goldforellenstücke auf den Tellern anrichten. Gepoppte Quinoa auf die aufgerollte Fischhaut setzen, die gedämpfte Quinoa neben der Forelle arrangieren. Scheidenmuscheln anlegen und die Sauerbrotsauce angießen. Das Algenpulver auf zwei Seiten streuen und mit der Shisokresse abschließen.
REISTEE, KARAMELL, ROTBARBE
Rezept für 4 Personen, Standzeit: 1 Stunde
ROTBARBE
8 Rotbarbenfilets
300 ml 4 %ige Salzlake
16 Basilikumblätter
Limettenöl
Die Rotbarbenfilets waschen, trocken tupfen und in Stücke schneiden. Für 60 Minuten in die Salzlake einlegen. Herausnehmen und abtupfen. Die Basilikumblätter waschen und trocken schütteln. 4 Filets mit Basilikumblättern belegen und die anderen Filets darauflegen. Mit Limettenöl bestreichen, fest in Klarsichtfolie einwickeln und die Enden gut verknoten. Bei 56 °C im Wasserbad auf eine Kerntemperatur von 46 °C garen. Vor dem Anrichten herausnehmen.
GRÜNER TEE ALS GEBUNDENER SUD
200 ml Wasser
1 Teelöffel getrocknete grüne Teeblätter
Xanthanwasser
Das Wasser aufkochen und auf 80 °C abkühlen lassen. Die Teeblätter 2 Minuten darin ziehen lassen. Durch ein feines Sieb passieren und mit wenig Xanthanwasser binden.
SAHNE KARAMELL
300 ml Bio-Sahne
Salz
Die Sahne in einen Topf geben und so lange köcheln, bis sich das Fett trennt. Immer weiter köcheln, bis die Sahne nussbraun wird. Etwas salzen und warm stellen.
GRÜNE REISFLOCKEN
200 ml Sonnenblumenöl
20 g grüne Reisflocken
Ingwerpulver
Das Sonnenblumenöl in einem Topf auf 140 °C erhitzen. Die Reisflocken darin frittieren und auf Kuchenpapier abtropfen lassen. Noch warm mit wenig Ingwerpulver
würzen.
GARNITUR
4 Umeboshi-Pflaumen
ANRICHTEN
Den Grünen-Tee-Sud auf vier tiefe Teller verteilen. Die Rotbarbenfilets darauflegen. Den Sahnekaramell darüber tropfen. Die Umeboshi-Pflaumen arrangieren. Mit Reisflocken ausgarnieren.
Sahnekaramell und Fisch sind kein Widerspruch. Im Gegenteil: Hier liefern die salzigen, sauren und süßen Komponenten im Zusammenspiel mit den Fermentationsnoten von Pflaume und Sud aus grünem Tee ein komplexes und abwechslungsreiches Zusammenspiel auf Teller und Zunge.
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