449.000 Eheschließungen gab es 2018 in Deutschland. Jedes Brautpaar möchte, dass seine Hochzeit unvergesslich ist. Entsprechend groß sind die Möglichkeiten, den „schönsten Tag im Leben“ zu etwas Besonderem zu machen. Das schürt aber auch die Konkurrenz, so individuell wie möglich zu feiern. Von Sabine Börchers
Ein Heiratsantrag zu Hause unter vier Augen? Die Hochzeit im kleinen Kreis. Für heutige Ansprüche ist das viel zu unspektakulär, möchte man einwenden. In Zeiten, in denen die Menschen alles mit ihren Freunden auf Facebook und Instagram teilen, muss es schon, so hat man zumindest den Eindruck, ein getanzter Heiratsantrag mit Flashmob, eine Trauzeremonie in der Luft, das Ja-Wort auf der Achterbahn oder eine Feier am Strand sein. Gleich mehrere Fernsehformate bieten die Anleitung dafür, wie ein Paar heute möglichst individuell und emotional heiratet.
Die Bandbreite reicht vom Kauf des Brautkleides in „Zwischen Tüll und Tränen“ oder „Mein Traum in Weiß“ über „Unser Weg zur Traumhochzeit“ bis zu „4 Hochzeiten und eine Traumreise“. Nach den „Supertalenten“ sind heute die „Super-Bräute“ in den Fokus gerückt. Damit steigt der Konkurrenzdruck für jedes Hochzeitspaar, das eigene Jawort möglichst unvergesslich zu zelebrieren.
Das beginnt mit der Planung. Und weil die immer umfangreicher wird, setzen viele Paare heute auf einen Wedding-Planner. „Die Detailplanung und Individualisierung der Hochzeiten ist heute viel stärker als früher“, stellt Friederike Mauritz fest.
Die Hochzeitsplanerin, die mit ihrer Firma „Celebrations Weddings“ seit fast 20 Jahren Brautpaare in Frankfurt und Umgebung begleitet, war bis Anfang des Jahres Vorsitzende des Bundes Deutscher Hochzeitsplaner. Gerade was die Optik und Dekoration heutiger Hochzeiten angehe, hätten sich diese enorm verändert, bestätigt sie. „Heute reicht nicht mehr das Blumengesteck auf dem Tisch, da wird schon draußen mit Wegweisern gearbeitet, es gibt Fackeln oder Lampions und eine Candy-Bar mit süßen Geschenken für die Gäste.“
Die Einladungskarten und anderen Drucksachen sind hochwertig. Auch die Location müsse heute perfekt aussehen. Während früher der Gasthof um die Ecke gewählt wurde, werde heute lange gesucht, um ein tolles Haus am See oder ein Landgut zu finden. Entsprechend früh beginnen die Paare heute, ihren „großen Tag“ vorzubereiten. Neun bis zwölf Monate Planungszeit sind mittlerweile Standard, manche Paare fangen gar 18 Monate vorher an.
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Fotoflut
Der Bund Deutscher Hochzeitsplaner erklärt die veränderten Ansprüche der Brautpaare nicht nur mit den zahlreichen Fernsehformaten, sondern auch mit der Entwicklung des Internets. „Die Paare sehen viel mehr Fotos von Hochzeiten, dadurch werden auch mehr Wünsche generiert. Früher gab es nicht so viel, von dem sie sich beeinflussen lassen konnten.“ Tausende Fotos auf Pinterest, von privaten Feiern auf Facebook oder Instagram und zudem Bilder von Prominenten- und royalen Hochzeiten in allen Magazinen sind eine unerschöpfliche Inspirationsquelle.
Wenn sich Herzogin Meghan persönlich ausgewählte Blumen auf den Schleier sticken lässt und Prinzessin Eugenies Kleid als Wunschmotive ein Kleeblatt und Disteln schmückt, dann ist das die Königsdisziplin der Individualisierung und wird schnell zum neuen Trend in Sachen Brautmode – zumindest für die, die es sich leisten können.
Auch bei Trauringen sind klassische hochwertige Ausführungen – gerne mit integrierten Diamanten – und mit einer zusätzlichen Individualisierung gefragt. „Dank der Lasergravur sind heute sehr persönliche Inschriften bis hin zu Fingerabdrücken möglich“, betont die Geschäftsleiterin von Bucherer Deutschland auf der Kaiserstraße, Friederike Lockau-Plesser, die nicht nur einen sanften Zuwachs in der Nachfrage verzeichnet, sondern auch mehr jüngere Kunden, die sich hochwertige Ringe leisten.
Individuelle Wünsche machen sich allerdings finanziell bemerkbar, stellt auch Friederike Mauritz fest. Die teuerste Hochzeit, die sie geplant hat, habe immerhin 120.000 Euro gekostet. „Dabei gab es dort keinen Champagner und keinen Kaviar, und es waren ähnlich viele Gäste wie bei der günstigsten Hochzeit für 6.000 Euro. Es sind aber die vielen kleinen Details, die sich summieren.“ Das Brautpaar habe drei Tage lang gefeiert, inklusive Polterabend und sonntäglichem Brunch. Es habe ein sehr schickes Zelt in ländlicher Umgebung auf einer Wiese aufstellen und dieses entsprechend schmücken lassen.
Ältere Paare
Das Durchschnittsalter bei einer Hochzeit in Deutschland liegt laut Statistischem Bundesamt bei den Männern bei 34 Jahren. Frauen sind im Schnitt 31,5 Jahre alt, wenn sie heiraten. Das Alter steigt seit Jahren kontinuierlich an. Je älter und beruflich etablierter die Paare aber sind, desto mehr Geld können sie in der Regel für eine Hochzeit ausgeben. Und desto mehr Lebenserfahrung und Stil haben sie, die sich auch an diesem besonderen Fest widerspiegeln sollen.
Friederike Mauritz berichtet von einem Brautpaar, das vor der Hochzeit ein Sabbatical eingelegt hatte und durch Afrika und den Orient gereist war. „Die Einladung zur Hochzeit war entsprechend als gefaltete Landkarte gestaltet, auf der die Strecke ihrer Reise zu sehen war. Auch die Dekoration brachte Afrika, den Orient und Europa zusammen, und es gab eine entsprechende Fotoshow mit Bildern von der Reise.“
Solche sehr individuell gestalteten Hochzeiten erlebe sie häufiger, sagt Mauritz und erinnert sich an ein weiteres Paar, das besonders pferde- und jagdbegeistert war. „Die beiden feierten auf einem Jagdschloss, ritten mit ihren Pferden dort vor und hatten sich dafür extra historische Jagdgewänder schneidern lassen.“ Das seien aber schon die ungewöhnlichsten Hochzeiten gewesen, die sie geplant habe, räumt Mauritz ein.
Ja-Wort in der Luft
Schaut man sich die Fernsehformate oder das Internet an, so sind weit spektakulärere Hochzeitsorte im Trend. Ob im Freizeitpark, im Zoo, im Botanischen Garten oder auch unter Wasser beim Tauchen, die Möglichkeiten, den „schönsten Tag im Leben“ an einem besonderen Ort zu verbringen, sind vielfältig. Wer einen Bezug zur Küste hat, kann im Leuchtturm heiraten, wer gerne in die Luft geht, sagt Ja auf dem Riesenrad im Wiener Prater oder in einem historischen Flugzeug oder Heißluftballon. Im Ruhrgebiet kann man sogar in der Schwebebahn in Wuppertal heiraten oder in einigen Zechen.
„Solche spektakulären Hochzeiten sind immer noch die Ausnahme, auf die sich die Medien dann stürzen“, glaubt Friederike Mauritz. „Ich habe in 20 Jahren rund 200 Hochzeiten organisiert, und ich habe noch keine im Zoo, im Heißluftballon oder im Flugzeug erlebt.“ Was sie allerdings anbietet, sind Hochzeiten für Flugzeugfans. „Dank unserer Kontakte können wir zum Beispiel eine Hochzeitsfeier auf der Besucherterrasse des Terminals II am Frankfurter Flughafen ausrichten“, erzählt Mauritz. Eine standesamtliche Trauung am Flughafen sei leider nicht möglich, dafür alle kirchlichen und freien Trauungen. Nur wer gerne auf dem Flugfeld im Tower oder in einem Hangar feiern würde, den muss die Hochzeitsplanerin enttäuschen. „Das ist aufgrund der Sicherheitsvorschriften nicht möglich.“
Ihre Kunden suchten als Location aber viel häufiger nach einem Jagdschloss, einem Weingut oder einem Pferdegestüt. Wenn Mottohochzeiten im Trend liegen, wie Internetportale wie www.themenhochzeiten.de es nahelegen, dann ist wohl „Zurück zur Natur“ das beliebteste Thema derzeit. „Als Locations sind Hofgüter und Weingüter sehr im Kommen, Schlösser werden nicht mehr so sehr nachgefragt“, sagt Mauritz. Passend dazu wählten die Paare entweder einen Boho- oder Vintage-Style oder sie mögen es lieber rustikal mit viel Holz und natürlichen Materialien. „Auch simple Kartoffelsäcke können eine sehr schicke Dekoration ergeben.“
Online planen
Natürlich lassen sich auch Mottohochzeiten auf die Spitze treiben, wie das Internet zeigt. Für Serienfans liegt demzufolge die Game of Thrones-Hochzeit voll im Trend. Die Serie bietet eine ganze Auswahl an Charakteren, deren Kostümen die Braut ihr Outfit nachempfinden kann, inklusive wallendem Haar oder Flechtzöpfen. Die Einladungskarten werden entsprechend als Schriftrolle mit Siegel gestaltet und die Tische in der rustikalen Location einer Scheune oder Burg nach den einzelnen Häusern aus der Serie benannt.
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Das Internet nennt aber auch weitere Beispiele für Themenhochzeiten, etwa eine bestimmte Zeitepoche wie das Mittelalter. Auf einer alten Burg können für die Feier Gaukler oder Jongleure engagiert und passende Tänze einstudiert werden. Beim Motto „20er Jahre“ wird in entsprechender Aufmachung eher Charleston getanzt. Je nach Vorliebe kann das Brautpaar aber auch eine karibische, eine spanische oder orientalische Hochzeit mit entsprechender Musik und Verpflegung ins Auge fassen.
Überhaupt ist das Internet der Freund und Helfer jedes Brautpaares. Weil sich nicht jeder einen Wedding-Planner leisten kann, sprießen Online-Plattformen hervor, die alles Wissenswerte rund um die Hochzeitsplanung zusammengetragen haben. Die Berliner Plattform Foreverly zum Beispiel, die vor zwei Jahren beim VOX-Format „Höhle der Löwen“ den Event-Veranstalter Jochen Schweizer als Investor gewinnen konnte, verbindet Brautpaare und nach eigenen Angaben 4.500 verschiedene Hochzeitsdienstleister.
Die Paare können auf der Seite ihre Region wählen und bekommen die entsprechenden Adressen angezeigt sowie weitere Tipps zur richtigen Zeremonie, zur Musik- und Textauswahl, zum neusten Farbtrend für die Ausstattung, zur Sitzordnung bis hin zum Ehevertrag. Ein ähnliches Angebot bietet das Berliner Unternehmen „WeddyPlace“, das sogar auf Wunsch nach Dienstleistern sucht.
Auch auf der Webseite „wir-sagen-ja.com“ gibt es einen Hochzeits- und einen Budgetplaner, die dafür sorgen sollen, dass bei der Planung nichts vergessen wird und alles im finanziellen Rahmen bleibt. Das Portal „Weddix“, im Jahre 2000 in München gegründet, gibt ebenfalls viele Anregungen für die Hochzeitsplanung. Mit rund 35 Mitarbeitern bezeichnet sich „Weddix“ selbst als meistbesuchtes Hochzeitsportal im deutschsprachigen Raum.
Im dazugehörigen Shop können die Paare von der Deko über Einladungskarten bis zu Gastgeschenken alles direkt kaufen, gerne auch zum Trendthema Naturhochzeit oder für eine Hochzeit im Industrial oder Geometric Design. „Sie vereinfachen es den Brautpaaren, ihre Hochzeit zu organisieren, aber ein Hochzeitsplaner bietet noch viel mehr, weil er ihnen die Arbeit abnimmt, auf individuelle Wünsche noch besser eingehen kann und seine Dienstleister persönlich kennt“, gibt allerdings Friederike Mauritz zu denken.
Zurück zur Natur
Der neuste Trend bei den Hochzeitstorten ist übrigens der Naked Cake, der ganz ohne Sahne- oder Fondant-Überzug auskommt. Auch da ist offenbar derzeit Natürlichkeit angesagt. Der Trend bei den Ringen geht zumindest zurück zu klassischen Edelmetallen. Es würden immer mehr wieder Eheringe in Gelbgold oder Roségold erworben, stellt Friederike Lockau-Plesser von Bucherer fest. Auch der früher schon beliebte Beisteckring, der heute Alliance Diamant Ring heißt, bei dem ein komplett oder halb mit Diamanten gefasster Ring vor den Solitärring gesteckt wird, sei derzeit sehr beliebt.
Zu jedem Trend gibt es erwartungsgemäß bald eine Gegenbewegung. Warum also nicht als auf Nachhaltigkeit bedachtes Paar in der Großstadt eine sparsame Ökohochzeit feiern, unter dem Motto „Green Wedding“? Die Plattform „For-everly“ gibt auch dazu Tipps. So könnte das Brautpaar alle Einladungen und Danksagungen per E-Mail schreiben, sich das Hochzeitskleid leihen, die Trauringe aus in der Familie gesammeltem Gold selbst schmieden.
Das Menu sollte natürlich aus den Produkten lokaler, ökologischer Landwirtschaft bestehen. Serviert wird auf Geschirr aus dem Second-Hand-Shop. Der Blumenschmuck besteht aus Topfpflanzen, die auch nach dem Fest weiterleben dürfen. Die Location sollte möglichst zu Fuß oder mit einem eigens gemieteten Bus für alle Gäste erreichbar sein. Und statt großer Geschenke tut es auch eine Spende an eine Umwelt- oder Tierschutzorganisation.
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