Die meisten kennen ihn aus dem Fernsehen, als Moderator, Kabarettist, Medizinerklärer. Derzeit ist der Arzt und Wissenschaftsjournalist Dr. Eckart von Hirschhausen mit seinem Programm Endlich! auf deutschen Bühnen zu sehen. Natürlich hat er in seiner Heimatstadt Frankfurt Station gemacht und dabei dem Top Magazin erzählt, warum er so gerne live auftritt und gerade intensiv Gitarre spielt.
Herr von Hirschhausen, wie haben Sie das Publikum in der Jahrhunderthalle erlebt? War es für Sie ein guter Abend?
Es war sogar ein sehr schöner Abend für mich, vor einer ausverkauften Jahrhunderthalle zu spielen, ist immer etwas Besonderes! Auf der Bühne bin ich so frei wie nirgendwo sonst, ich kann jeden Abend improvisieren und ausprobieren – wer mich nur aus dem Fernsehen kennt, kennt mich nicht wirklich. In der zweiten Hälfte erzählen mir Zuschauer von sich aus, was sie auf ihrer inneren „Lebenslust-Liste“ haben – und was da kommt, das kann sich ohnehin keiner ausdenken. Apropos „keiner ausdenken“ – in Frankfurt ist beim Schlusstänzchen mit dem Skelett sein Knochenarm abgefallen. Wie in dem schlechten Kalauer „Lieber arm dran, als Arm ab!“ Solche Gags schreibt wirklich nur das Leben selbst…
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- Eckart von Hirschhausen (Actor)
- * (Director)
- Audience Rating: Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Ist das Feedback des Publikums bei Liveauftritten anders als bei Ihren Fernsehshows? Was reizt Sie daran, das weiter zu machen?
Das tollste an Live-Shows ist für mich der unmittelbare Kontakt mit dem Publikum. Wenn mir auf dem Weg auf die Bühne noch zu einer Schlagzeile des Tages etwas Witziges einfällt, weiß ich drei Minuten später, ob andere das auch lustig finden, oder nicht. Es gibt zwei Katastrophen im Leben eines Komikers: Die Leute lachen nicht über das, was du dir ausgedacht hast. Und noch schlimmer: Sie lachen, und du weißt nicht warum!
Aber auch wenn die Bühne für mich immer an erster Stelle steht, ist es mein Wunsch, die starken Momente der Bühne hinein ins Fernsehen zu transportieren. Fernsehen ist immer ein Medium – es steht also immer etwas zwischen dir und dem Empfänger. Das ist die Kamera, die Mattscheibe, die Entfernung und alles, was sonst noch im Wohnzimmer passiert. Vor dem Fernsehbildschirm sind die Menschen tendenziell abgelenkter und zappen auch hin und her. Der Riesenvorteil ist allerdings, dass man sehr viele Menschen erreichen kann, die sich normalerweise nicht für das Thema interessiert hätten und nicht zu mir ins Theater gekommen wären.
Frankfurt ist für Sie ja ein Heimspiel, auch wenn Sie schon mit einem Jahr nach Berlin gezogen sind. Haben Sie trotzdem noch eine Beziehung zur Stadt, so ein Gefühl, hier komme ich her?
Ja, ich fühle mich hier immer noch verwurzelt, nicht nur weil mein Management in Frankfurt sitzt, das seit 20 Jahren meine Karriere begleitet. Frankfurt ist auch eine schöne Stadt, die alles bietet, was man braucht: die Berger Straße zum Frühstücken, das Caricatura-Museum, wo es immer was zu lachen gibt, die Alte Oper und im Sommer die Burgfestspiele in Dreieichenhain, wo man immer geschätzte Kollegen und Kolleginnen besuchen kann.
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- Eckart von Hirschhausen (Actor)
- / (Director)
- Audience Rating: Freigegeben ab 6 Jahren
Ihre Stiftung „HUMOR HILFT HEILEN“ ist im Rhein-Main-Gebiet entstanden, wie kam es denn dazu?
Das lag an Laura Fernandez. Sie hatte in New York beim Gründer der Klinikclowns Michael Christensen das Konzept mit entwickelt und brachte diese tolle Idee nach Deutschland und startete aus Mainz und Frankfurt heraus eine kleine Revolution. Inzwischen ist sie die künstlerische Leitung von HUMOR HILFT HEILEN und trainiert die nächsten Generationen.
„Das Thema, das mich gerade am meisten beschäftigt, ist der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Gesundheit.“ – Dr. Eckart von Hirschhausen
Im Vergleich zu anderen Komikern engagieren Sie sich nicht nur privat, auch in Ihren Programmen steckt ein starker pädagogischer Anspruch: Ist das der Arzt in Ihnen, der helfen will, oder ist das genetisch bedingt, da Sie laut Wikipedia von Lehrern und Pfarrern abstammen?
Das ist der Arzt in mir, denn ich habe keine Lust zu predigen und meinen Zeigefinger benutze ich lieber zum Kitzeln und nicht zum Drohen. Das Thema, das mich auf der Bühne und in allen Aspekten meines Lebens gerade am meisten beschäftigt, ist der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Gesundheit. Die Klimakrise ist real und menschengemacht. Sie bedroht unsere Gesundheit massiv und es ist Aufgabe von Ärzten, Leben zu erhalten und manchmal auch schlechte Nachrichten zu überbringen.
Entscheidend für mein Umdenken war meine Begegnung mit Jane Goodall. Ich traf sie vor zwei Jahren für ein Interview beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis, und diese Dame von über 80 Jahren ist eine der charismatischsten Menschen, denen ich jemals begegnet bin. Sie ging als junge Frau in den Dschungel und revolutionierte unser Bewusstsein für die Menschenaffen. Heute ist sie die weltweit bekannteste Umweltaktivistin. Sie stellte mir eine ganz einfache Frage: Wenn der Mensch die intelligenteste Art auf dem Planeten ist – warum zerstört er dann sein eigenes Zuhause? Diese Frage hat mich schlucken lassen und mir aufs Eindringlichste gezeigt, dass wir handeln müssen – egal, wie alt wir sind, was wir arbeiten oder von wem wir abstammen.
Was könnten wir alle konkret tun?
Werdet politisch! Es ist falsch, alle Kraft auf die Vermeidung von Plastiktüten zu legen, wenn Flüge weiterhin in Deutschland billiger sind als Bahnfahrten. Und wenn Milliarden Subventionen in der Landwirtschaft und in der Energieerzeugung genau die falsche Richtung befeuern. Im Privaten sind es drei Bereiche, die den persönlichen Verbrauch ändern: Häuser isolieren, Radfahren statt Auto und Gemüse statt Fleisch. Als Arzt interessiert mich der gesundheitliche Vorteil dieser Maßnahmen. Ich atme lieber die Abgase von 10 Radfahrern ein als von einem Diesel. Und in einer Welt, in der rund 2 Milliarden Menschen übergewichtig und eine Milliarde mangelernährt sind, müsste es doch eine bessere Verteilung zum Wohle aller geben, oder?
Die Idee einer „Planetary Health Diet“ verbindet das, was dem Körper guttut, mit dem, was dem Planeten guttut. Und das ist vor allem weniger Fleisch, weniger Zucker und Milchprodukte, mehr Nüsse, Hülsenfrüchte und buntes Gemüse. Das kann man den Menschen nicht „vorschreiben“ aber „verschreiben“. Denn es kann Millionen Herzinfarkte und Schlaganfälle, praktisch alle großen Zivilisationskrankheiten verhindern, wenn wir uns mehr bewegen und weniger Übergewicht anhäufen. Wir müssen viel mehr betonen, welche Vorteile wir selber haben, wenn wir für den Klimaschutz handeln. Wenn wir unsere krankmachenden Konsummuster unterbrechen, geht es nicht um Mangel oder Verzicht, sondern um das einzig Sinnvolle und Langfristige, um einen Zugewinn an Lebensqualität.
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- Eckart von Hirschhausen (Actor)
- Eckart von Hirschhausen / Susanne Herbert (Director)
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In Ihrem aktuellen Programm beschäftigen Sie sich mit der Zeit und mit dem Bedürfnis der Menschen, diese auszukosten. Für was nehmen Sie sich bewusst Zeit?
Für meine Familie, für Urlaube, für das tägliche Nickerchen und gerade bin ich dabei, wieder intensiv Gitarre zu spielen. Das ist nämlich ein guter Trick, wenn man das Gefühl hat, die Zeit würde immer so schnell vergehen: aus der Routine ausbrechen und sich immer wieder neue Dinge aneignen. Denn unser Gehirn gibt Dingen, wenn sie das erste Mal passieren, mehr Aufmerksamkeit. Deswegen erinnert sich auch jeder an seinen ersten Kuss, nicht aber an seinen 17. Ich fühle mich mit meiner Gitarre auf jeden Fall wieder wie als Jugendlicher am Lagerfeuer, freue mich aber gleichzeitig, dass ich danach nicht auf einer Luftmatratze schlafen muss. Das ist bestes emotionales Anti-Aging!
Hat Sie die Arbeit an Ihrem Programm und vielleicht auch Ihr 50. Geburtstag dazu bewogen, Ihr eigenes berufliches Pensum zu überdenken?
Zu überdenken ja, aber wie heißt es so schön – der Wegweiser muss den Weg ja nicht mitgehen… Die Definition von Stress ist darüber hinaus sehr individuell, was von außen nach einem Zuviel aussieht, muss es nicht sein. Ich bin sehr selten gestresst, da ich das, was ich täglich tue, gerne tue. Es heißt nicht umsonst: Wenn man sein Hobby zum Beruf macht, muss man auch nie wieder arbeiten! Die Kunst besteht darin, für etwas zu brennen, ohne auszubrennen. Ich habe das Gefühl, dass ich das schon fast perfektioniert habe.
Arbeiten Sie bereits an einem neuen Programm? Und haben Sie Autoren, die Sie unterstützen, oder machen Sie das allein?
Ich arbeite immer an einem neuen Programm. Jeden Tag lese ich etwas Inspirierendes, reiße mir irgendwelche Textpassagen aus Zeitungen und habe bis heute kein System, die relevanten Stellen wiederzufinden. (lacht) Ich habe große Freude daran, mich mit neuen Menschen und Themen zu beschäftigen, und höre im Alltag viel mehr zu, als man es bei einem Bühnenmenschen erwarten würde. Deswegen habe ich noch viele Programme und Bücher in meinem Kopf. Rausholen muss ich die aber allein, ich habe bislang niemanden gefunden, der so denkt und schreibt wie ich. Und auch wenn ich noch nicht genau weiß, um was es in meinem neuen Programm geht, ich verspreche, damit auf jeden Fall nach Frankfurt zu kommen. Das ist ja wohl das Mindeste, was der eigene Geburtsort verdient hat!
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Das Interview führte Sabine Börchers