Surfen gewinnt immer mehr an Popularität und entwickelt sich stetig weiter. So war es im Sommer 2021 erstmals Teil der Olympischen Spiele in Tokio, bei denen der brasilianische Profisurfer Italo Ferreira den Titel holte. Doch Wellenreiten gilt nicht nur als Königsdisziplin des Wassersports, auch Amateursportler und Urlauber stellen sich zunehmend dem Spiel mit der Urgewalt des Wassers.
Mehr als körperliche Anstrengung
Surfer nutzen die dynamische Form von Wellen aus, um sich auf einem Surfbrett stehend auf dem Wasser fortzubewegen. Das erfordert nicht nur, wenn sie das Brett allein mit ihrem Körper lenken, einen stark ausgeprägten Gleichgewichtssinn und viel Muskelkraft, sondern auch, wenn sie beim Windsurfen ein Segel oder beim Kitesurfen einen Lenkdrachen benutzen.
Da das Schwimmen und die Steuerung des Boards auf den Wellen ein besseres Körpergefühl mit mehr Körperspannung geben, zieht es zahlreiche Sportliebhaber an den Strand. Doch die Faszination des Surfens zeichnet sich vor allem durch ein Freiheitsgefühl aus. Mutig über sich hinauswachsen, die Meeresbrise beim Ritt auf dem Wasser spüren, gesunde salzige Luft einatmen: Für viele ist das eine Art der Meditation. Wer seinen Kopf nicht auf der Welle ausschalten kann, entspannt sich bei ruhigem Gewässer auf dem Surfbrett, genießt das Glitzern der Sonne auf dem Wasser, beobachtet Fische, die unter ihm durchtauchen und lässt seine Gedanken vom Meer wegspülen. Neben Tagen voll Achtsamkeit und Verbundenheit mit der Natur, bietet der Strand spektakuläre Sonnenuntergänge, die in Erinnerung bleiben.
Für einige Wellenreiter wird ihr Hobby zu einem Lifestyle. Wer über das Wasser gleiten will, braucht nicht viel: ein Surfbrett, Surfwachs, der die Rutschfestigkeit auf dem Board erhöht und einen Neoprenanzug, der vor kaltem Wasser und Sonnenbrand schützt. Dieser minimalistische Ansatz hilft Surfern schon seit über einem Jahrtausend, sich von dem materialistischen Denken zu befreien und ihr Leben auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Die Mutter aller Board-Sportarten
Der elegante Tanz auf dem Wasser hat seine Ursprünge in Polynesien, der östlichen Inselgruppe Ozeaniens. Er war tief in der polynesischen Kultur verankert, Höhlenmalereien aus dem 12. Jahrhundert zeigen bereits Menschen, die auf Brettern über Wellen gleiten. Die Polynesier brachten diese Sportart im Zuge ihrer Seefahrten zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf die Inseln von Hawaii, auf denen sie ihre erste Blütezeit erlebte und kultureller sowie spiritueller Bestandteil der Gesellschaft wurde. Diese war jedoch nicht von langer Dauer, da Missionare das heidnische Brauchtum in den 1820er-Jahren durch strenge Kirchensitten ablösten und Surfen fast vollständig zum Erliegen brachten. Es war ihnen zu viel mit Körperkult und Nacktheit verbunden.
Zweite Blüte
Wellenreiten erwachte Anfang des 20. Jahrhunderts, nachdem Hawaii 1900 an die Vereinigten Staaten angegliedert wurde, wieder zum Leben. Der Tourismus boomte auf der Inselgruppe und viele junge Hawaiianer durchliefen in den neu gegründeten Surfclubs eine Ausbildung zum Rettungsschwimmer. Surfbretter wurden dabei vermehrt als Rettungsgeräte eingesetzt, Surfen war kein Tabu mehr.
Die eindrucksvollen Bewegungen auf dem Wasser faszinierten amerikanische Besucher der hawaiianischen Strände, die diesen Sport in ihr Heimatland brachten. So erlebte er in den 1950ern in den Vereinigten Staaten seine zweite Hochzeit und es dauerte nicht mehr lange, bis die Begeisterung nach Europa überschwappte. Seitdem erfreut sich Wellenreiten weltweit sowohl als Extrem- als auch als Freizeitsport großer Beliebtheit – bei Jung und Alt.
Die erste Welle
Surfen kann jeder lernen, der ein guter Schwimmer ist. Wer schon Erfahrung in anderen Boardsportarten hat, kann versuchen, diesen Wassersport allein oder mit Freunden zu erlernen. Dafür stehen zahlreiche Anleitungen im Internet und in Surfbüchern zur Verfügung. Beim selbstständigen Lernen sollte, neben der Grundausrüstung (Surfbrett, -anzug und -wachs), aufgrund der hohen Ultraviolettstrahlung auch ausreichend starker Sonnenschutz mit an den Strand genommen werden, sowie eine Leash, die Verbindungsleine zwischen Surfboard und Surfer, welche den Verlust des Brettes im Wasser verhindert.
Es ist dennoch empfehlenswert, sich zumindest die Grundlagen von einem professionellen Surftrainer anzueignen. Individuelle Betreuung macht es leichter, seine ersten Wellen abzureiten sowie das theoretische Wissen über Gefahren, Strömungen, Gezeiten und Wellentypen zu erlernen. Viele Surfschulen bieten dafür mehrtägige Surfcamps an, die Urlauber und Sportinteressierte besuchen. Wer Wellenreiten in der Nähe seines Heimatorts ausprobieren will, kann wind- oder kitesurfen. Denn bei diesen Surfarten wird die Kraft des Windes mithilfe eines Segels beziehungsweise eines Lenkdrachens zum Manövrieren auf dem Wasser genutzt, was es ermöglicht, sie unabhängig von Wellen in Seen und Flüssen auszuüben. Hierfür gibt es deutschland- und europaweit zahlreiche Vereine.
Surfen kennt kein Alter
Auch wenn die dynamische Wassersportart vor allem junge Menschen anzieht, trauen sich immer mehr Ältere aufs Brett, die die Herausforderungen genauso meistern. Oft bringen ältere Surfer sogar besonders viel Geduld mit, die es braucht, um die Technik zu lernen und die perfekte Welle zu finden. Außerdem sind sie meistens gelassener und selbstbewusster als Jüngere, wenn es darum geht, sich in den tosenden Ozean zu stürzen. Die Hawaiianer fassen das mit „Hang Loose“ zusammen, was „Bleib locker“ bedeutet.
Wer Wellenreiten nicht nur leistungs-, sondern auch gesundheitsorientiert gestaltet, kann es in jedem Alter erlernen und einen Sport für das ganze Leben entdecken.
Die besten Surfgebiete
Surfer brauchen, um auf Wasser zu reiten, einen sogenannten Swell. Das sind lange Wellenlinien, die aus hunderte Kilometer gewanderten Wellen entstehen. Optimale Surfbedingungen herrschen daher an den Ozeanen und in Europa am Atlantik.
In Europa
Wer im Urlaub surfen will, muss dafür nicht um die Welt fliegen. Es gibt viele Surfspots in Europa, nur wenige Flugstunden entfernt, die hervorragend für Anfänger geeignet sind. So bietet die ostfriesische Insel Norderney konstante Wellen und vor allem auf ihrer südlichen Seite ruhige Windverhältnisse.
Die Atlantikküste Portugals ist ebenfalls ein beliebtes Gebiet für zahlreiche Surfbegeisterte. Die südliche Lage des Landes sorgt hier für Jahresdurchschnittstemperaturen von mehr als 15 Grad und die Wellen von einer der schönsten Küstenregionen, der Algarve, haben sogar Durchschnittstemperaturen von 20 Grad.
Außerdem gehören die Playa de la Malta in Spanien und die Küsten der Stadt Newquay in England zu den verbreitetsten Zielen von Surfurlaubern.
Weltweit
Surfer, die mit ihrem Hobby die Welt bereisen wollen, können dabei die Surfoasen besuchen, an denen Wellenreiten entstanden ist und die immer noch zu den besten weltweit zählen. Wer in Hawaii aufs Brett steigen will, kann dies am Waikiki Beach in der Hauptstadt Honolulu oder am Castles Beach. Einsteiger können auch die sanften Sommerwellen am Huntington Beach für ihre ersten Wellenritte ausnutzen.
Zum Kitesurfen ist die Isla Holbox in Mexico am beliebtesten. Sie wird aufgrund ihres beständigen Windes, viel Sonne und zahlreicher anfängerfreundlicher Flachwasserspots auch als Kitesurfer-Mekka bezeichnet.
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