Wein und Musik – das ging schon immer gut zusammen. Der Winzer Friedrich Groebe nimmt uns mit auf eine Reise durch die Aromensinfonie seiner Großen Gewächse.
Manchmal kann ein wenig Schumann helfen. Zumindest, wenn man einen Flügel hat und darauf so gut zu spielen weiß wie Friedrich Groebe. In sich ruhend, feinsinnig, nie überzogen – so wie er dem Instrument Töne entlockt, so tritt er auch Besuchern gegenüber: Friedrich Groebe ist ein geerdeter und liebenswert-musischer Mensch und ein Winzer mit klarer Haltung. „Wein ist Teil unserer Kultur“, sagt er. „Es bedarf einer Philosophie und handwerklicher Kunst, um einen guten Wein zu machen, nicht Technologie.“

So gern man Friedrich Groebe beim Klavierspielen lauscht – noch schöner ist es, ihn über seine Weine sprechen zu hören. Charmant und leidenschaftlich entwirft er ein Charakterbild seiner Werke, beginnend bei einem 2019 Riesling trocken. Bereits der Duft des jungen Rieslings ist unvergleichlich. Die Nase betört mit gelber, exotischer Frucht von Papaya und Maracuja. Der Gaumen wird von einer fruchtigen Stoffigkeit umschmeichelt. Definitiv: ein feinziselierter, mineralischer Riesling mit tollem Potenzial. Mit diesem Wein aus den Lagen Kirchspiel und Aulerde beginnt eine faszinierende, spannende und auch tiefsinnige Führung durch die Sinfonie der Aromen, die dieser besondere Ort hervorbringt.
Von seiner Terrasse aus lässt Friedrich Groebe gern den Blick über seine Weinberge schweifen – einige befinden sich schon seit 250 Jahren im Familienbesitz. Solche Weinberge, eingebunden in ein sehr gesundes Ökosystem, zu kultivieren und das Beste aus dem herauszu-holen, was das Terroir und das hervorragende Rebmaterial ihm bietet, macht ihn dankbar und zufrieden. Letztlich ist es jedoch auch der achtsame und handwerklich versierte Umgang, der einen guten Wein entstehen lässt – und da überlässt Friedrich Groebe nichts dem Zufall.

Ob bei der Arbeit im Weinberg oder im Keller – überall legt er persönlich Hand an, ohne Scheu, sich die Finger schmutzig zu machen. Auf seinem Traktor sitzt er mindestens so gern wie an seinem Flügel. Die jahrelange Erfahrung hat Friedrich Groebe gelassen und standfest gemacht, weder das immer unberechenbarer werdende Klima noch die aktuelle Pandemie scheinen ihn aus der Ruhe zu bringen. Eine Eigenschaft, die auch seinen Weinen zugutekommt: Er gönnt ihnen altes Holzfass, viel Geduld und Ruhe und krönt ihren großen Auftritt mit bestem Naturkork. Für ihn keine Frage der Wirtschaftlichkeit, sondern der Ästhetik und der Wertschätzung.
Sein Sinn für Tradition und ein gelassenes Ignorieren von Trends und Modeerscheinungen sind Teil seines Stils. Diese Seelenruhe strahlt ab auf die großen Rieslinge, die im fünfhundert Jahre alten Weinkeller in der Kellergasse ruhen. Hier, innerhalb der südlichen Stützmauer des mit prächtigen Linden gesäumten Marktplatzes von Westhofen, schmiegen sich über vierzig Weinfässer aneinander. Alte, schwere Eichenfässer auf weingetränkten Pflasterböden erzählen spannende Geschichten der letzten Jahrhunderte: Von 1890 stammt das älteste Fass, das jüngste von 1967. Mit Fingerspitzengefühl und viel Augenmerk lässt Friedrich Groebe den Wein recht lange auf seiner natürlichen Hefe. Für ihn ist jede Flasche Wein konservierte Zeit, die nach Jahren der Reife wieder lebendig wird und die Sinne wundervoll beflügelt. „Manchmal ist es auch nur ein sehr kontrolliertes Nichtstun, das zum gewünschten Ziel führt“, sagt er.

Raus aus dem Keller und nach oben ins Kirchspiel, im Norden von Westhofen. Ein majestätischer Ort – das finden auch die Bussarde, die hier am „Spionskopf“ kreisen und nach Beute Ausschau halten. Die Reben von Friedrich Groebe sind teils wurzelecht, authentisch, unveredelt und auch manchmal stur. Im Frühjahr zwingt er sie durch kräftigen Rückschnitt, den Verzicht auf mineralische Düngung und natürliche Begrünung zur Nahrungssuche in die tieferen Schichten des Erdreichs. Die leicht erwärmbaren, gut durchlüfteten und steinigen Böden bieten beste Voraussetzungen für sehr kraftvolle und mineralische Rieslinge.
Das stetige Wechselspiel des Mikroklimas in dieser Naturlandschaft erfordert jedoch auch ein sensibles handwerkliches Können und ein über Generationen gewachsenes Wissen des Winzers, um charakterstarke, einzigartige Weine entstehen zu lassen. „Wir sind nun mal ein Handwerksbetrieb und keine Großkellerei“, sagt Friedrich Groebe zum Abschied. Und beweist einmal mehr, dass die leisen Töne oft die schönste Musik erzeugen.
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