Schon Matthias Schweighöfer fand, dass Frankfurt als Kulisse attraktiv ist und drehte gleich zwei seiner Kinofilme am Main. Mittlerweile sieht man die Skyline immer wieder im Kino oder TV. Aktuell spielt die Stadt gleich in mehreren Serien eine Rolle.
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Samuel Zweifler läuft die Taunusstraße entlang. Hinter ihm sind der Eingang zur Bar MyWay und dem Laufhaus Rotes Haus zu sehen. Die Kamera schwenkt auf die Hochhäuser. In seiner Serie „Die Zweiflers“ hat der Produzent und Drehbuchautor David Hadda seine Heimatstadt mal anders in Szene gesetzt. Nicht die Bankentürme oder der Main spielen die Hauptrolle, sondern traditionelle Gastronomie sowie das anrüchige und zugleich angesagte Bankenviertel. Gerade damit gelingt es Hadda, der Stadt den Anstrich einer internationalen Metropole zu geben, in der aus der Apfelweingemütlichkeit ein traditionelles jüdisches Deli wird und in der die besten Restaurants in einem Hinterhof im Bahnhofsviertel liegen. Dort sind Hipster ebenso anzutreffen wie Banker und das Milieu.
‚Die Zweiflers‘ Frankfurt: Eine preisgekrönte Familiensaga
„Die Zweiflers“, die beim internationalen Serienfestival in Cannes zur besten Serie gekürt wurde, gleich vier Deutsche Fernsehpreise erhielt und derzeit für einen Grimmepreis nominiert ist, gibt einen tiefgründigen und zugleich humorvollen Einblick in das Leben einer jüdische Familie in Frankfurt, in der die junge Generation hin- und hergerissen zwischen Tradition und Fortschritt, zwischen Holocaust-Erbe und Hipsterleben, ihre Identität finden muss. Gedreht wurde unter anderem in der Apfelweinwirtschaft Zum Gemalten Haus, in der Kleinmarkthalle, der Westend-Synagoge und eben im Bahnhofsviertel.
Die Geschichte, die er erzähle, sei nicht autobiografisch, fange aber die Emotionen ein, die er selbst erlebt habe, erzählte David Hadda unlängst. Er selbst ist Anwalt, hat mit seiner Produktionsfirma Turbokultur aber schon Shows und Podcasts umgesetzt und mit den Zweiflers den dritten Fiction-Stoff. Auch die Comedy-Serie „Deadlines“ fürs ZDF stammt von seiner Firma. Die mittlerweile drei Staffeln erzählen teils erfrischend boshaft und politisch unkorrekt von vier jungen Frauen in Frankfurt-Goldstein. Gedreht wurde dafür in Frankfurt und Berlin.
„Viele Zuschauer wollen wissen, wie es mit der Familie Zweifler weitergeht. Daher entwickeln wir gemeinsam mit Turbokultur und dem Hessischen Rundfunk eine zweite Staffel.“ – Christoph Pellander, ARD Degeto
Die sechsteilige Serie „Die Zweiflers“ ist aktuell in der ARD-Mediathek zu finden. Viele Zuschauer wollen offenbar wissen, wie es mit der Familie weitergeht. „Daher entwickeln wir gemeinsam mit Turbokultur und dem Hessischen Rundfunk eine zweite Staffel“, verriet Christoph Pellander, Redaktionsleiter ARD Degeto Film.
Historische Stoffe: Serien gedreht in Frankfurt und der Welt
Aaron Altaras, der darin den Samuel Zweifler verkörpert, ist parallel zu den Zweiflers in eine weitere Rolle geschlüpft. Er stellt in einer Mini-Serie, die ebenfalls in Frankfurt spielt, einen Staatsanwalt dar. „Deutsches Haus“ (aktuell auf Disney+) blickt in die Deutsche Geschichte zurück. Die titelgebende Gaststätte steht in Frankfurt, wo die Tochter des Hauses lebt. Sie arbeitet als Übersetzerin für Polnisch und wird kurzfristig für einen Strafprozess engagiert: Erst vor Ort begreift sie, dass es sich um den ersten Auschwitzprozess handelt. In dem Prozess, der am 20. Dezember 1963 im Frankfurter Römer begann, mussten sich eine Reihe von Nationalsozialisten, darunter Robert Mulka, der Adjutant des Lagerkommandanten Rudolf Höß, für ihre Tätigkeit in dem Konzentrations- und Vernichtungslager verantworten.
Die Serie nach einer Idee und dem Roman von Annette Hess, bekannt für die Ku’damm 56/59/63-Reihe und die Serie „Weißensee“, stellt die erste Nachkriegsgeneration in den Mittelpunkt, die auf Schweigen und Verdrängung stößt. Neben Katharina Stark in ihrer ersten Hauptrolle sind bekannte Schauspieler wie Anke Engelke, Heiner Lauterbach, Iris Berben und Sabin Tambrea zu sehen. Die fünfteilige internationale Koproduktion ist allerdings nicht in Frankfurt, sondern in Polen gedreht worden. Auf der globalen Streaming-Plattform hat sie aber die Chance, international gesehen zu werden und jüngere Erwachsene zu erreichen.
Das Herrhausen-Attentat: Politthriller mit globalen Drehorten
Eine ARD-Serie beschäftigt sich zudem derzeit mit der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik, die zum Teil ebenfalls in Frankfurt verortet ist. Alfred Herrhausen, charismatischer und einflussreicher Vorstandssprecher der Deutschen Bank, leitete von hier aus die Geschicke des Geldinstituts. Er arbeitete aber auch als Kohl-Intimus hinter den Kulissen an der Wiedervereinigung mit. Am 30. November 1989, kurz nach dem Mauerfall, wurde er in der Nähe seines Hauses in Bad Homburg durch einen Bombenanschlag getötet, für den die RAF die Verantwortung übernahm.
Unter der Regie von Pia Strietmann spielt Frankfurt in der vierteiligen Reihe „Herrhausen“ als Standort der Bank natürlich eine Rolle, auch wenn nur vor, aber nicht in den Zwillingstürmen gedreht wurde. Die wichtigsten Locations, wie der Sitzungssaal des Deutsche-Bank-Vorstands sowie Herrhausens Büro wurden in Brüssel, in einer früheren Banknotendruckerei nachgebaut. Ein Fotohintergrund der Frankfurter Skyline gaukelt den Blick aus der 27. Etage nur vor.
Ursprünglich sollte etwa die Hälfte der Dreharbeiten gar nicht in Europa, sondern in Kapstadt stattfinden. Doch vor allem enorme Preissteigerungen infolge des Ukraine-Kriegs zwangen die Produktion dazu, drei Wochen vor Drehstart umzudisponieren. Eine belgische Produktionsfirma kam zu Hilfe und fand im Königreich kurzfristig rund 30 Drehorte, die in der Serie in Frankfurt, Berlin und Moskau angesiedelt sind. Einige Szenen entstanden aber auch in Deutschland, etwa jene in der Villa Herrhausens in einem von Stararchitekt Richard J. Neutra entworfenen Bungalow in Wuppertal. Für das Attentat selbst aber wurde am Originalschauplatz in Bad Homburg gedreht.
Wenn Drehorte in Frankfurt nur Fiktion sind
Dass Filme über Frankfurt nicht am Main gedreht werden, kommt übrigens häufiger vor. Peinlichstes Beispiel ist ein Werk aus den USA. 2009 entstand im kanadischen Vancouver die Verfilmung der 1980-er-Jahre-Action-Serie „Das A-Team“, immerhin mit Hochkarätern wie Liam Neeson, Bradley Cooper und Jessica Biel in den Hauptrollen. Mehrere Szenen rund um das Quartett spielten in Frankfurt, was eine Texteinblendung präzise lokalisierte.
Zu sehen sind aber nur Luftaufnahmen von der Skyline. Geht es dann auf die Erde, erscheinen plötzlich der Kölner Dom und der dortige Hauptbahnhof. Die Autokennzeichen weisen mit FF auf Frankfurt an der Oder hin. Auf den Polizeiautos steht als Notfallnummer die 109 statt der 110. Die schlechte Recherche der Produktionsfirma ist umso unverständlicher, da der Film auch auf dem Europäischen Markt vertrieben wurde.
„Dauerbrenner-Krimiserien wie Ein Fall für Zwei und der Tatort haben Frankurt schon lange das Image einer Metropole zwischen Mord und Totschlag verpasst.“
Vom Banken-Krimi zur Vampir-Saga am Main
Erfolgreiche Streaming-Serien wie „Bad Banks“ oder „Skylines“, die Netflix ebenfalls international vermarktete, zeigten Frankfurt in den vergangenen Jahren vor allem als Hochburg korrupter Banker und krimineller Hip-Hop-Produzenten. Dauerbrenner-Krimiserien wie „Ein Fall für Zwei“ und der Frankfurter „Tatort“ haben ihr schon lange das Image einer Metropole zwischen Mord und Totschlag verpasst. Daran wird auch das neue Tatort-Team mit Melika Foroutan und Edin Hasanović nichts ändern, das in diesem Jahr seine Arbeit aufnimmt und vor allem Cold Cases, also ungeklärte Mordfälle und Tötungsdelikte aus der Vergangenheit, untersuchen soll.
Und selbst der letzte ARD-Film fürs Abendprogramm, den der Hessische Rundfunk unter dem Titel „Trinkhallen-Schickeria“ produzierte, stellt nicht nur ein Wasserhäuschen in Fechenheim in den Mittelpunkt, sondern lässt darin einen Toten, dazu noch einen verstorbenen Banker, finden.
„Love sucks ist Frankfurts erste Vampirserie – quasi die Twilight-Saga vom Main.“
Blutig wird es zwar auch in der aktuellen ZDF-Serie „Love Sucks“, die in Kooperation mit der hiesigen U5 Filmproduktion in der Stadt entstand. Aber auf andere Art. „Love Sucks“ ist Frankfurts erste Vampirserie – quasi die Twilight-Saga vom Main –, deren Hauptfiguren sich in einer „Boxbude“ auf dem Rummelplatz kennenlernen.
Gedreht wurde für die acht Teile unter anderem auf der Dippemess und natürlich in den Hochhäusern der Stadt. Wobei in diesem Fall nicht die Banker die Blutsauger sind, sondern ein Immobilienclan.
Der Film „Contra“ von Sönke Wortmann, der Ende 2021 in die Kinos kam und eine marokkanischstämmige Studentin auf einen rassistischen Professor treffen lässt, ist bei all dem eine unblutige Ausnahme. Er setzte die Goethe-Universität mit ihrem Campus Westend und dem Bau von Hans Poelzig so attraktiv in Szene, dass selbst Studierende erstaunt waren, wie schön ihr Studienort ist. Weil die Dreharbeiten sich verzögerten und nicht in den Semesterferien stattfinden konnten, erlebten sie außerdem das Set hautnah und bekamen die eine oder andere Komparsenrolle.
Der Film ist mehrfach preisgekrönt und stand mehrere Wochen auf Platz eins der Arthouse-Kinocharts. Die Zuschauer haben die ästhetischen Bilder vom Main vermutlich genossen. Von solchen überraschend anderen Drehorten hat Frankfurt sicher noch mehr zu bieten.
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