Marie-Luise und Katharina Raumland übernehmen Verantwortung im renommierten Sekthaus.
Inhalt
Flörsheim-Dalsheim – das Dorf im Süden Rheinhessens hat gerade einmal 3.000 Einwohner. Zwei von ihnen prägen die Weinwelt seit Jahren: Die eng befreundeten Winzer Klaus Peter Keller und Volker Raumland. Kellers Rieslinge erzielen weltweit Höchstpreise – eine 0,75-l-Flasche seines trockenen 2016er G-Max Riesling ist im Internet für rund 2.500 Euro erhältlich. Raumland hingegen gilt als unangefochtener Sektpionier und bester Schaumweinhersteller Deutschlands. Ganz aktuell bahnt sich im Hause Raumland ein Generationenwechsel an. Die Schwestern Marie-Luise und Katharina Raumland haben sich entschieden, das Unternehmen gemeinsam in die Zukunft zu führen.
Volker Raumland: Mutiger Sektpionier
Doch bevor wir zur neuen Generation kommen, werfen wir einen Blick auf die Familiengeschichte. Volker Raumland wuchs in einer landwirtschaftlichen Familie auf. Seine Eltern wollten, dass er zunächst etwas „Gescheites“ lernte. So absolvierte er eine solide kaufmännische Ausbildung. Die Lehrjahre waren zwar nützlich, aber leidenschaftslos. Deshalb entschloss er sich im Anschluss daran für ein Weinbaustudium in Geisenheim. Im Rahmen eines Uniprojektes erhielt er die Chance, einen Schaumwein herzustellen. „Aus meinem elterlichen Keller nahm ich einen Müller-Thurgau und verwandelte ihn in Sekt. Monate später wurde dieser Sekt auf einer Blindverkostung zum Sieger erklärt. Ein Schlüsselmoment in meinem Leben. Ich beschloss, Sekt zu meiner Profession zu machen“, sagt Volker Raumland rückblickend.
Zunächst machte sich der junge Winzer einen Namen als „flying Sektmaker“ – er kaufte sich das nötige mobile Equipment und erzeugte für verschiedene Weingüter exzellente Schaumweine. Der Traum vom eigenen Sekthaus reifte in ihm. 1984 entschied er mit seiner Frau Heide-Rose, einen völlig neuen Weg zu beschreiten und hochwertigen Schaumwein in traditioneller Flaschengärung herzustellen. Was heute recht normal erscheint, war damals für viele schlicht undenkbar. Eine Sekt-Revolution!
Das Geheimrezept
Der Erfolg sollte Raumlands Mut Recht geben. Heute bewirtschaftet die Familie zehn Hektar Rebfläche, selbstverständlich ökologisch. „Wir haben eine große Passion für die klassischen Burgunder Rebsorten. Unsere Lagen in Rheinhessen und der Pfalz erlauben es uns, Sektgrundweine herzustellen, die Mineralität, Tiefgang und Komplexität aufweisen“, erklärt Volker Raumland. „Die Trauben werden per Hand gelesen und schonend verarbeitet.“ Während der zweiten Gärung in der Flasche wird dieser Grundwein zu Sekt veredelt. Für die sogenannte „Méthode Traditionnelle“, die traditionelle Flaschengärung, bedarf es viel Zeit und Handarbeit. Ein langes Hefelager verleiht dem Sekt Komplexität und Tiefgang. Und genau das zeichnet Raumland Sekte aus.
Marie-Luise Raumland und der VDP
Ende 2019 steigt Marie-Luise als Geschäftsführerin in das Unternehmen ihrer Eltern ein. „Unsere Entscheidung, uns ausschließlich auf die Herstellung von Qualitätsschaumwein zu konzentrieren, verhalf uns dabei, deutschem Sekt wieder mehr internationale Aufmerksamkeit zu verschaffen. Seit 2020 sind wir als erster reiner Schaumweinproduzent Mitglied im Verband Deutscher Prädikatsweingüter“, sagt Marie-Luise Raumland.
Seit dem VDP-Beitritt hat sich die ganze Familie intensiv mit der Markenführung und der Sortimentsstrategie des Hauses beschäftigt. Das Ergebnis: Ein neues Design, die erste „VDP.SEKT.PRESTIGE“-Kollektion und das klare Bekenntnis, auch in Zukunft nur Sekte zu vermarkten, die mindestens 36 Monate auf der Hefe lagen.
Katharina Raumland und der goldene Reiter
In diesen Wochen beendet Katharina Raumland ihr Weinbau-Studium in Geisenheim und wird Vollzeit in das Sekthaus einsteigen. Sie wird sich vor allem um die Sekterzeugung kümmern. Die wichtigsten Entscheidungen werden aber auch zukünftig mit der ganzen Familie getroffen. So engagierten sie zusammen die auf Wein und Sekt spezialisierte Berliner Kreativschmiede Ruska Martin Associates. Ziel war es, über ein neues Erscheinungsbild die ganz persönliche Geschichte des Sekthauses zu transportieren.
„Der Kreativprozess wurde für uns schnell zu einer Art Selbstfindungspfad“, sagt Katharina Raumland. „Biologischer Weinbau, traditionelle Flaschengärung, jahrelanges Hefelager und die kompromisslose Leidenschaft für das Familienhandwerk – die Art, wie wir arbeiten, drückt eine klare Haltung und Respekt gegenüber dem Produkt aus.“
Die Kernelemente des neuen Designs sind ein Plaque de Muselet („Champagnerdeckel“) sowie ein goldener Reiter. Letzterer steht für die Geschichte des traditionsreichen Rittergeschlechts Raumland und für den Pioniergeist der Familie. Das Plaque de Muselet hingegen ist eine Hommage an die besten Schaumweine der Welt, die Familie Raumland über die letzten Jahrzehnte inspiriert haben.
Ein generationenübergreifendes Erlebnis
Sekt braucht Zeit. Bei Raumland teilweise sogar über 120 Monate. Im April wurden die Vorreiter der neuen Kollektion vorgestellt. Hierzu gehören u. a. der „2008 Riesling Grande Réserve – Brut“. Zur Erinnerung: In jenem Jahr fanden in Peking die Olympischen Sommerspiele statt, Barack Obama wurde zum ersten Mal ins Amt gewählt und Marie-Luise Raumland kehrte gerade von einem Schüleraustausch aus Brasilien zurück. Kurz gesagt – dieser Sekt erzählt die Geschichten einer anderen Zeit. Damit wird er zu einem generationen-übergreifenden Erlebnis.
Genau dieser Anspruch ist seit jeher ein wesentlicher Teil der Raumland-Philosophie. „Unsere Eltern haben immer der Versuchung widerstanden, ihren Sekt zu früh zu vermarkten“, sagt Katharina Raumland. „Es ist für mich und meine Schwester eine ganz besondere Freude, dass sie einen so reichen Schatz an Jahrgangssekten aufgebaut haben. Das ermöglicht uns, auch in Zukunft jedem Sekt ausreichend Zeit auf der Hefe zu geben!“
