Seit gut anderthalb Jahren ist Kaweh Mansoori Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum sowie stellvertretender Ministerpräsident. Sein Alltag ist seitdem durchgetaktet, er muss sich immer wieder auf neue Themen einstellen. Am liebsten erholt er sich davon in der Küche, wie er bei der aktuellen Ausgabe von „Prominente am Herd“ des Top Magazins bewies.
Inhalt
Den Mürbeteig für den Nachtisch hat Kaweh Mansoori bereits im Gepäck. Um sechs Uhr früh ist der Politiker dafür aufgestanden und hat Mehl, Butter, Zucker und Eier geknetet, bevor um 7.45 Uhr die erste Besprechung zur Kabinettssitzung losging. „Ich wollte nicht, dass es jetzt zu stressig wird“, sagt er bei der Ankunft im Küchen Atelier Grohs in Eschborn. Wenn man aber sieht, wie er in den folgenden zwei Stunden in der Küche hantiert, eine Lasagne und den Nachtisch auf die Teller bringt, ist es kaum vorstellbar, dass er überhaupt aus der Ruhe zu bringen ist.

In der Küche stand der Sohn iranischer Eltern bereits als 16-Jähriger. „Damals haben sich meine Eltern getrennt, mein Vater hat für uns gekocht.“ Also griff er ihm schon als Jugendlicher unter die Arme. Anfangs habe er nur Fertigzutaten zusammengekippt, erzählt Mansoori. „Aber das war nicht erfüllend. Dann habe ich immer mehr ausprobiert, gelernt wie man würzt und Kräuter verwendet.“
Heute kocht er, wenn die Familie zusammenkommt. „Es ist Tradition, dass ich einmal an den Weihnachtsfeiertagen für alle koche. Das ist für mich wie Meditation und bringt mich entspannt durch die vielen Festlichkeiten, denn mein Bruder, meine Mutter und meine Schwägerin haben am 23. und mein Vater hat am 28. Dezember auch noch Geburtstag.“ Wenn er kocht, serviert er gerne mehrere Gänge. Die Fotos, die er auf dem Handy durch-scrollt, zeigen Ravioli als Vorspeise, ein Lammcarré und zum Dessert ein Schokoküchlein mit Sorbet.
„Ich bin Radikalpragmatiker, aus den Gegebenheiten das Beste machen – in der Küche wie in der Politik.“ – Kaweh Mansoori, Hessischer Wirtschaftsminister
Pilot oder Volkswirt
Die Lasagne, die Hessens Vize-Ministerpräsident im Küchenatelier servieren will, hat er schon oft zubereitet. Sie zählt zu seinen Lieblingsgerichten. „Soul Food“, wie er sie nennt. In seinem Rezept stehen daher zwar die Zutaten, aber keine Mengenangaben. Er kocht nach Gefühl. Und wenn mal eine Zutat fehlt, bringt ihn das auch nicht aus der Ruhe. „Dann lasse ich sie einfach weg.“ Aus den Gegebenheiten das Beste machen, so lautet Mansooris Credo – in der Küche wie in der Politik. Er bezeichnet sich gerne als „Radikalpragmatiker“.
Sein Vorgehen am Herd hat er an diesem Tag aber genau vorbereitet. „Als erstes muss der Mürbeteig fürs Dessert in den Ofen. Dann mache ich die Bolognese und die Lasagne.“ Ganz so durchgeplant wie sein Ausflug in die Küche war sein beruflicher Werdegang nicht. Mansoori ist in Gießen geboren und wuchs dort auf. Nach Abitur und Zivildienst habe er zwei unterschiedliche Pläne gehabt. „Erstens wollte ich Pilot werden und zweitens Volkswirtschaftslehre studieren.“ Letzteres konnte er im anstehenden Sommersemester aber nicht beginnen. „Ich wollte nach dem Zivildienst nicht noch ein Semester Zeit verlieren, also habe ich mit Jura angefangen und gedacht, ich kann ja jederzeit wechseln.“ Parallel habe er sich für die Pilotenausbildung beworben.

Die ersten Klausuren und die Zwischenprüfung in den Rechtswissenschaften liefen gut, dazu bekam er ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes, dem größten und ältesten Begabtenförderungswerk der Bundesrepublik. „Da man den Aufnahmetest zur Pilotenausbildung nur einmal absolvieren kann, wollte ich ihn nicht halbherzig machen. Ich habe mich daher erst einmal weiter aufs Studium konzentriert und die Bewerbung zurückgezogen.“ Er bestand sein 1. Staatsexamen.
„Im Referendariat habe ich dann festgestellt, dass das mein Beruf ist. Der praktische Teil hat mir viel Spaß gemacht“, erzählt er. Besonders die Möglichkeit, in die Rolle eines Richters und eines Staatsanwalts zu schlüpfen, begeisterte ihn, lange bevor er als Anwalt für Öffentliches Recht bei der PwC Legal AG und für KPMG tätig war. Bis heute kann er sich lebhaft an eine Verhandlung zu gefährlicher Körperverletzung bei zwei Brüdern erinnern, von der er ausführlich erzählt, während er den vorbereiteten Mürbeteig ausrollt.
Kleine Küche
Für den Teig hat er sich, weil weder Klarsichtfolie noch Backpapier vorhanden sind, kurzerhand einen Gefrierbeutel genommen. Er legt ein Stück Teig hinein und rollt es mit dem Nudelholz zu kleinen runden Fladen aus. „Egal, wie viel Mehl man an den Mürbeteig gibt, er klebt trotzdem. Deshalb verwende ich Folie“, zeigt er, dass er auch was vom Backen versteht.
„Meine Küche hat nicht mehr als vielleicht sechs Quadratmeter. Da muss ich immer überlegen, wie ich möglichst wenig Töpfe verwenden kann.“ – Kaweh Mansoori, Hessischer Wirtschaftsminister
Den dünnen Teig legt der Minister in Metallförmchen, die er ebenfalls aus der eigenen Küche mitgebracht hat. Dass diese klein ist, ist allein daran zu merken, dass Mansoori jede Schüssel und das Messer sofort nach der Benutzung abwäscht. „Meine Küche hat nicht mehr als vielleicht sechs Quadratmeter. Da muss ich immer überlegen, wie ich möglichst wenig Töpfe verwenden kann.“

So strategisch, wie er beim Kochen vorgeht, könnte er auch seine politische Karriere umgesetzt haben. Doch Mansoori winkt ab: „Man sollte vieles nicht am Reißbrett planen, es hat immer auch mit Glück zu tun.“ Der Hang zur Politik wurde ihm in die Wiege gelegt. „Mein Vater, der zum Studieren nach Deutschland gekommen war, war sehr politisch, aber nicht parteipolitisch geprägt. Er hat sich hier für eine iranische Exilorganisation eingesetzt.“
Mansoori begann in der Schülervertretung und wurde schon mit 18 Jahren Stadtschulsprecher in Gießen. Das Thema Bildung habe ihm viele Türen geöffnet, die sonst verschlossen geblieben wären, sagt er heute. In der SPD engagiert er sich bei den Jusos, an der Universität im Allgemeinen Studierendenausschuss. „Der damalige Asta-Vorsitzende ist heute mein Staatssekretär.“
Von Berlin nach Wiesbaden
2016, kurz vor dem zweiten Staatsexamen, wurde er zum Juso-Vorsitzenden in Südhessen gewählt. Drei Jahre später erhielt er das Angebot, den Vorsitz der SPD Hessen-Süd zu übernehmen. Lange überlegen musste Mansoori nicht, ob er 30.000 Mitgliedern vorsitzen wolle „Ich wurde donnerstags gefragt und am Samstag war der Parteitag, auf dem ich gewählt wurde.“ Der Weg zum hauptberuflichen Politiker sei dann nicht mehr weit gewesen, erzählt er und beginnt, für die Lasagne-Soße Zwiebeln und Sellerie zu schneiden.
Im gleichen Jahr war er nach Frankfurt gezogen, „wegen meiner damaligen Freundin und meinem Job.“ Doch sein Ziel lautete: Bundestag. Dafür forderte er parteiintern die zum linken Flügel zählende Uli Nissen heraus. In seinem Frankfurter Wahlkreis sei er dann dem Grünen Omid Nouripour mit vier Punkten unterlegen. Doch über die Landesliste schaffte er es nach Berlin.

Dass ihn 2023 schließlich der Ruf nach Wiesbaden ereilte, verdankte er dem Geschick der Landesvorsitzenden Nancy Faeser, die trotz des schlechten Abschneidens der SPD die Koalition mit der CDU ermöglichte. „Wenn ich nach Hessen komme, dann in dieses Ministerium“, hatte er sich vorgenommen. Es umfasse viele der wesentlichen Themen, während er als Abgeordneter in Berlin nur bei Inselthemen viel Einfluss gehabt habe. Die verbleibenden vier Jahre, in denen er noch Minister ist, will er gut machen, „dann sehen wir weiter“, sagt er zu seinen Zukunftsplänen.
Kaweh Mansoori: „Wer mit Hitze nicht umgehen kann, sollte nicht am Herd stehen.“
Wenn ihm trotz seines Amtes ein wenig Zeit bleibt, dann kocht er gerne für seine Lebensgefährtin Josefine Koebe, die seit März letzten Jahres Generalsekretärin der SPD Hessen ist, und ihre vier Kinder. Auch seinen Pilotenschein würde er vielleicht noch machen, erzählt er, während die Zutaten für die Lasagne längst im Topf vor sich hinköcheln und der Minister mal umrührt und mal die Zitronen für den Nachtisch auspresst.

„Mein Bruder würde behaupten, dass man die Bolognese in Bologna genauso macht“, sagt Mansoori augenzwinkernd. Dieser koche genauso gerne wie er, „er hat aber wesentlich mehr Equipment als ich“. Austauschen können die beiden sich nicht nur darüber, Mansooris Bruder Kamyar sitzt, ebenso wie seine Schwägerin, in der Stadtverordnetenversammlung von Gießen.

Nach dem Schichten der Lasagne und dem Auftragen der Béchamel-Soße, die Mansoori ebenfalls mit Mehlschwitze selbst angerührt hat, ist noch einiges an Bolognese übrig. „Das mache ich immer so. Ich esse sie in den folgenden Tagen dann mit Nudeln“, erzählt er und verrät auch, dass ihm in der Küche durchaus mal was daneben geht. „Ich wollte Weihnachten Kartoffelklöße machen, das war eine Katastrophe, die waren nicht zu retten.“
„Politik ist ein langwieriges Geschäft. Kochen ist ein schöner Kontrast dazu, bei dem man nach kurzer Zeit schon Erfolge sieht.“ – Kaweh Mansoori, Hessischer Wirtschaftsminister
Mit Gegenwind im politischen Geschäft hat er es derzeit ebenfalls zu tun. So läuft seit Herbst wegen der Versetzung einer seiner Mitarbeiterinnen in den Ruhestand im Landtag ein Untersuchungsausschuss. Das sei ein Thema aus der Politikblase, er sei auf der Straße seitdem höchstens drei oder vier Mal darauf angesprochen worden, sagt Mansoori. „Man muss Kritik auch wegstecken können“, betont er und nutzt dann natürlich eine Küchenmetapher: „Wer mit Hitze nicht umgehen kann, der sollte nicht am Herd stehen.“

Die Lasagne ist längst fertig, der Minister verteilt sie auf die Teller. Dabei fragt er die stellvertretende Regierungssprecherin Samira Bouchouaf, die ihn begleitet, ob er sich stressen müsse, um zum nächsten Termin zu kommen. Sie nickt vorsichtig. Doch der Minister bleibt entspannt und garniert die Mürbeteig-Törtchen noch mit ein paar Blaubeeren. Zum Essen kann er aber nicht mehr bleiben. Er wolle so viel Zeit wie möglich außerhalb des Ministeriums verbringen und sich mit den Menschen austauschen, sagt er noch. Dann fährt die Limousine vor und er saust zum nächsten Termin.

Rezepte
Lasagne

Zutaten für die Lasagne
3 Karotten
3 Zwiebeln
4 Staudensellerie
100 g Pancetta
250 g Rinderhack & 250 g Schweinehack
Frische oder fertige Lasagneblätter
2 Dosen fein gehackte Tomaten
Parmesan
Thymian und Rosmarin
Für die Béchamelsauce
50 g Butter
40 g Mehl
250 ml Rinderbrühe
250 ml Milch
Muskat
Zubereitung
1. Hackfleischsauce
Zwiebeln schälen, würfeln und in einem großen Topf bei schwacher Hitze anschwitzen. Die gewürfelte Pancetta hinzufügen und goldbraun anbraten. Danach das Schweinehack zugeben, anbraten und anschließend das Rinderhack untermengen.
Währenddessen Karotten schälen, Sellerie waschen, würfeln und in den Topf geben. Kurz mit anschwitzen, dann die gehackten Tomaten einrühren und mit Thymian, Rosmarin, Salz und Pfeffer würzen. Die Sauce bei niedriger Hitze eine Stunde köcheln lassen, anschließend die Kräuter entfernen.
2. Béchamelsauce
Zuerst die Butter in einem kleinen Topf bei schwacher Hitze schmelzen. Anschließend das Mehl einrühren und klümpchenfrei verrühren. Nach und nach die Rinderbrühe und die Milch hinzufügen, dabei ständig rühren, bis eine glatte Sauce entsteht. Zum Schluss mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.
3. Lasagne schichten
Den Backofen auf 200˚ C Umluft vorheizen. Eine Auflaufform mit Hackfleischsauce bestreichen, dann abwechselnd Lasagneblätter, Hackfleischsauce und in der Mitte etwas Béchamelsauce schichten. Mit Hackfleischsauce, Béchamelsauce und frisch geriebenem Parmesan abschließen. Die Lasagne 20–30 Minuten backen, kurz ruhen lassen und servieren.
Zitronentarte

Zutaten für den Mürbeteig
250 g Mehl
125 g kalte Butter
80 g Zucker
1 Ei
Eine Prise Salz
Mehl (zum Bestreuen der Förmchen)
Für die Zitronenfüllung
3 Zitronen (Saft & Abrieb)
3 Eier
2 EL Speisestärke
100 g Zucker (Menge nach Geschmack anpassen)
Zubereitung
1. Mürbeteig vorbereiten & backen:
Für Mürbeteig Mehl, Zucker und eine Prise Salz in einer Schüssel mischen. Kalte Butter in kleinen Stücken dazugeben und mit den Fingern zu einer krümeligen Masse verreiben. Ein Ei hinzufügen und alles rasch zu einem glatten Teig verkneten. Den Teig in Folie wickeln und mindestens 30 Minuten im Kühlschrank ruhen lassen.
Den Backofen auf 200˚ C Umluft vorheizen und die Förmchen mit Mehl bestreuen. Den Teig portionsweise abnehmen, dünn ausrollen oder ausdrücken und in die Förmchen legen, dabei gut andrücken. Die Tarts etwa 15 Minuten backen, dann zum Abkühlen beiseitestellen.
2. Zitronenfüllung:
Die Zitronen waschen und auspressen. Die Eier in einer Schale mit einer Gabel verquirlen. Den Zitronensaft mit Speisestärke bei schwacher Hitze erwärmen und dabei ständig rühren. Zitronenabrieb, Zucker und die verquirlten Eier einrühren und weiterrühren, bis die Masse eindickt. Anschließend die Zitronenmasse in die gebackenen Tarts füllen und nach Belieben mit Obst garnieren. Die Tarts abkühlen lassen, bis die Füllung fest wird.
Weinempfehlungen
Aperitif
Infinitea Black Tea von St. Antony. Ein alkoholfreier Chardonnay, veredelt mit schwarzem Tee.
Wein
Zur Lasagne passt hervorragend der Blaufränkisch P von St. Antony aus den besten Parzellen im Niersteiner Roten Hang.
Danke an:
Sabine und Gerhard Grohs für die Location und Gastfreundschaft im Küchen Atelier Grohs in Eschborn
Dirk Würtz und das Weingut St. Antony für die Weinbegleitung
Familie Masi von Alla Vita Buona in der Kleinmarkthalle für den frischen Pastateig und den Pancetta
Metzgerei Der Vogelsberger für das Hackfleisch und die Rinderbrühe
Ristorante Isoletta für den hausgemachten Frankfurter Mozzarella
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