Schlaf ist eine biologische Notwendigkeit und Voraussetzung für Gesundheit und Wohlbefinden. Doch in unserer modernen Welt wird ausreichender und erholsamer Schlaf zunehmend zum Luxusgut.
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Da sind die einen, die sich rühmen, mit möglichst wenig Schlaf auszukommen: Top-Manager werden dafür bewundert, vor 5 Uhr aufzustehen und in aller Herrgottsfrühe eine Partie Golf zu spielen, bevor sie den ganzen Tag durchpowern, um dann nach Mitternacht für vier Stunden ins Bett zu fallen.
Für super erfolgreiche Menschen scheint Schlaf etwas Optionales. Ein Luxusgut, dass man sich nur dann gönnt, wenn es gerade mal zufällig in den vollgepackten Terminkalender passt, ganz nach dem viel zitierten Spruch des Workaholics und Regisseurs Rainer Werner Fassbinder: „Schlafen kann ich, wenn ich tot bin.“ Er starb mit 37 Jahren. Tatsache ist: Nur ein bis drei Prozent der Menschen kommt mit höchstens fünf Stunden Schlaf aus und ist trotzdem leistungsfähig.
Sieben Stunden mindestens schlafen
Für alle anderen gilt: Sieben Stunden mindestens sollten es pro Nacht sein, gerne auch mehr. „Das Schlimmste auf der Welt ist, zu versuchen, zu schlafen und es nicht zu tun“, beklagte US-Schriftsteller F. Scott Fitzgerald bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Wie wichtig guter Schlaf ist, weiß man erst, wenn er einem fehlt: 30 Prozent der gesamten Menschheit leiden heutzutage unter Schlafstörungen. Neue Technologien, Digitalisierung, mobile Arbeitsformen und flexible Lebensstile bringen uns regelrecht um einen natürlichen, erholsamen Schlaf. Produktive, hoch intelligente Menschen wie Albert Einstein, von dem behauptet wird, er habe zwölf Stunden am Tag geschlafen, scheinen im digitalen Zeitalter so selten wie Erbsen unter der Matratze zu sein.
43 Prozent der Deutschen haben einer aktuellen Umfrage der Onlineplattform Statista zufolge Schlafprobleme, davon 74 Prozent beim Durchschlafen, 63 Prozent beim Einschlafen und 39 Prozent wachen zu früh auf. Dass dadurch ihre Lebensqualität etwas oder stark beeinträchtigt wird, beklagen 91 Prozent. Die Folgen können dramatisch sein: Leistungsabfall, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Depressionen und Gewichtszunahme, hinzu kommt ein erhöhtes Herzinfarkt-, Bluthochdruck- und Diabetesrisiko.
Hygiene in den Schlaf integrieren
Hormonexperte und Gynäkologe Dr. André Rotmann mit Praxen im Rodgau und in Frankfurt, empfiehlt seinen schlafgestörten Patientinnen eine ganz bewusste „Schlafhygiene“ in ihren Alltag zu integrieren. „Vor der Erfindung der künstlichen Beleuchtung richtete sich der Mensch nach dem Wechsel von Tag und Nacht. Wer ohne Smartphone aufgewachsen ist und noch über Festnetz-Telefon und Briefe kommuniziert hat, weiß, dass es damals mehr Momente gab, in denen man sich erholen konnte – einfach, weil es nichts anderes zu tun gab. Man wartete auf einen Zug, beobachtete Menschen, starrte in den Himmel, dachte nach. Heute überbrückt man Wartezeiten auf Social Media, chattet, verfolgt pausenlos die News. Ein natürliches Innehalten kommt in unserem modernen Alltag so gut wie nicht mehr vor.“

Positive Routinen in den Alltag einzuflechten, kann helfen, den Schlaf zu regulieren, weiß der Experte aus seiner langjährigen Praxis. Rotmann: „Kleine Erholungspausen einbauen, Kaffee- und Alkoholkonsum einschränken. Handy, Tablets und Fernseher aus dem Schlafzimmer verbannen, einen einfachen Wecker benutzen. Deutlich vor Mitternacht ins Bett gehen und eine Stunde vor dem Schlafen kein Medienkonsum.“ Seltsam altmodisch anmutende Rituale aus der Zeit vor Social Media, die man heute getrost als moderne Luxusrituale bezeichnen kann.
Gestörte Schlaf-Wach-Physiologie
Die Gründe, warum so viele Menschen unter Schlafstörungen leiden, sind vielfältig.
Dr. Irshaad Ebrahim, Medical Director des London Sleep Centre, sagt dazu auf
vogue.de: „Unsere 24/7/365-Gesellschaft hat einzigartige Anforderungen an unsere Physiologie gestellt. Das digitale Zeitalter – insbesondere die sozialen Medien –
hat unsere Schlaf-Wach-Physiologie physisch gestört, indem es fälschlicherweise unsere Wachsamkeitsniveaus erhöht und uns auf wachem Niveau der Körpertemperatur hält. Da Licht rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche Arbeit und Freizeit verschwimmen lässt, sind wir nicht mehr durch die Tag- und Nachtzyklen der Natur eingeschränkt, sodass wir bis spät in die Nacht mit ausreichender Wachheit arbeiten, Sport treiben oder Party feiern können, was sich jedoch nachteilig auf unsere Schlafgesundheit auswirkt.“
„Hormone sind die zentralen Botenstoffe für einen gesunden Schlaf.“ – Dr. André Rotmann
Bio-identische Hormone können beim Schlafen helfen
Oft sind es aber auch die Hormone, die den Schlafrhythmus durcheinanderbringen – vor allem bei Frauen. Hormonbedingte Schlafstörungen zu therapieren, ist einer der Schwerpunkte in der Privatpraxis von Dr. André Rotmann in Sachsenhausen. „Stress, Menopause, prämenstruelles Syndrom und das Alter gehen oft mit Defiziten in der Serotonin- und Melatonin-Produktion einher. Diese Hormone regeln unsere innere Uhr und unsere Schlafzyklen und -phasen, beeinflussen die Einschlafphase, den Tiefschlaf sowie den REM-Schlaf. Hormone sind die zentrale Botenstoffe für einen gesunden Schlaf.“
Nach einer ausführlichen Anamnese entwickelt Dr. Rotmann für seine Patientinnen maßgeschneiderte Therapien mit bio-identischen Hormonen, die in der Adler Apotheke Rodgau von Apotheker Reza Azizi nach individuellen Rezepturen zertifiziert hergestellt werden. Mit großem Erfolg: „Progesteron ist das natürliche ‚Valium‘ des Körpers. Das Einnehmen von bio-identischem Progesteron, gegebenenfalls in Kombination mit Melatonin zur Nacht, kann Wunder bewirken“, sagt Rotmann.

Wichtige Prozesse wie Zellregeneration, Hormonausschüttung, Immunabwehr und Gedächtniskonsolidierung werden im Schlaf durchgeführt. Geist und Seele verarbeiten das, was wir tagsüber erleben. Zahlreiche Studien belegen, dass Menschen, die ausreichend Schlaf bekommen, eine höhere Lebenserwartung haben als solche mit chronischem Schlafmangel.
Genügend Zeit für qualitativ hochwertigen Schlaf einzuplanen, ist für Gesundheit und Wohlbefinden, neben einer ausgewogenen Ernährung und körperlicher Aktivität, der entscheidende Faktor. Ausreichender Schlaf ist entscheidend für eine gute körperliche und geistige Gesundheit.
„Unsere Führungskräfte sollten Schlaf akzeptieren und feiern, statt ihn als persönliche Schwäche zu betrachten.” – Prof. Lauren Hale
Schlaf ist Gesundheit und Lebensqualität
Lange schlafen gilt bei vielen jedoch immer noch als ein Zeichen von Unproduktivität oder gar Faulheit. Dabei sollte uns allen klar sein: Wer sich Zeit für ausreichenden Schlaf nimmt, investiert in seine Gesundheit und Lebensqualität. Im Schlaf regeneriert sich der Körper. Wunden sollen besser heilen, Zellen schneller wachsen.
Professorin Lauren Hale von der Stony Brook University New York hält strukturelle und gesellschaftliche Veränderungen für unerlässlich, um dem globalen Problem der Schlafstörungen entgegenzuwirken: „Die öffentlichen Gesundheitsbehörden müssen Schlaf als ein grundlegendes Gesundheitsverhalten zusammen mit Ernährung und Bewegung betrachten“, fordert sie auf vogue.de. Und ein Umdenken in den Köpfen der Top-Manager: „Unsere Führungskräfte sollten Schlaf akzeptieren und feiern, statt ihn als persönliche Schwäche zu betrachten.”
Der wahre Luxus zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist nicht mehr das, was wir besitzen – sondern etwas, das wir uns mit Geld nicht kaufen können: ein tiefer und erholsamer Schlaf, um zu regenerieren, gesund und leistungsfähig zu bleiben. Der Wert, gut zu schlafen, übertrifft materielle Werte heutzutage um ein Vielfaches – wer nicht zur Ruhe kommen kann, kann sich auch an den teuersten Anschaffungen nicht erfreuen. Wer seinen Schlaf schätzt, hat erkannt, dass es eben nicht darum geht, wie viel Zeit man für die Arbeit aufwendet, sondern wie man diese Zeit effektiv nutzt.
Seit Begriffe wie Selbstfürsorge und Selbstachtung immer mehr Einzug in den Alltag halten, rückt bei vielen auch die Wertschätzung einer gesunden Schlafhygiene in den Vordergrund. Power-Naps am Arbeitsplatz oder ein Mittagsschläfchen sind mittlerweile en vogue, um sich effizient für die zweite Tageshälfte zu stärken. Bevor die Notwendigkeit gesunden Schlafes in unserem von Produktivität geprägten Alltag jedoch als Priorität angesehen wird, wird die Milliardenindustrie rund um Schlafmittel aller Art weiter boomen. Und Schlaf ein modernes Luxusgut bleiben.
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