Der bekannte Arzt, Kabarettist und Buchautor Eckart von Hirschhausen appelliert in seiner Antrittsvorlesung als Honorar-Professor an angehende Ärzte: „Sprecht mit den Patienten, stellt die richtige Frage, eine einzelne Frage kann Leben retten!“
Ein Gummihirn in Kokosnuss-Größe, ein blaues Stethoskop, ein Babybody und ein Plüschpinguin: Die Studierenden können sich auf ihren neuen Professor und seine ungewöhnlichen Accessoires, die er zur Veranschaulichung nutzt, freuen. Seine Vorlesungen dürften bunt und kurzweilig werden.
Am vergangenen Dienstag bekam der Arzt, Wissenschaftsjournalist, Bühnenkünstler, Buchautor und Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen an der Phillips-Universität-Marburg einen Professoren-Titel verliehen. Nun ist der 54-jährige Honorar-Professor im Fachbereich Medizin und wird dort zukünftig die Ausbildung der angehenden Ärztinnen und Ärzte mitgestalten. Die Schwerpunkte seiner Lehrveranstaltungen: „Sprache in der 13Medizin“ und „Klimawandel und Medizin“.
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Professor Jürgen Schäfer, Mediziner und Leiter des Marburger Zentrums für unerkannte und seltene Erkrankungen (ZusE), hielt die Laudatio. Er erinnerte sich, wie im Jahr 2017 mehr als 1000 Studierende ins Audimax der Uni geströmt waren, um eine Gastvorlesung von Hirschhausen zu hören. „Das war eine legendäre Veranstaltung“, sagte Schäfer, „auf die ich heute noch von ehemaligen Studierenden angesprochen werde.“ Es sei ein Highlight ihrer Ausbildung in Marburg gewesen.
Seine Rede beendete Schäfer mit den Worten: „Mit der Ernennung zum Professor vergibt die Philipps-Universität voller Vertrauen das Beste und Wichtigste, das wir als Universität zu bieten haben: Den Zugang zu wunderbaren, motivierten, lernbegeisterten jungen Menschen.“ Und schloss: „Eckart, mach was draus!“
Was nützt ein brillanter Kopf, wenn derjenige nicht gut mit den Patienten in Kontakt treten und kommunizieren kann? – Prof. Dr. Eckart von Hirschhausen
Eckart von Hirschhausen vergibt Punkte für Arztpraxen
Hirschhausens anschließende Antrittsvorlesung „Warum Worte Medizin sind – zwischenmenschliche Kommunikation im Zeitalter der Digitalisierung“ war kurzweilig, locker und anschaulich und zugleich tiefgründig und ernst. Seine Beispiele für schlechte und gute Kommunikation aus dem Arzt-Patienten-Alltag kamen vielen sicher bekannt vor: So vergab Hirschhausen eine Punktewertung für Situationen in Praxis-Wartezimmern: Die Ärztin oder der Arzt spricht den Patienten mit Namen an: 3 Punkte; eine Mitarbeiterin ruft den Patienten mit Namen auf: 2 Punkte; es ertönt eine Lautsprecherdurchsage mit dem Namen: 1 Punkt; es ertönt eine Lautsprecherdurchsage ohne Namen, aber mit Diagnose: 0 Punkte („Der Analabszess in Zimmer drei, bitte!“).
Hirschhausen plädierte dafür, angehende Medizinerinnen und Mediziner mehr und besser in Kommunikation zu schulen. „Was nützt ein brillanter Kopf, wenn derjenige nicht gut mit den Patienten in Kontakt treten und kommunizieren kann?“, fragte er. 200 000 Gespräche mit Patienten führe eine Ärztin oder ein Arzt im Schnitt innerhalb des Berufslebens, so Hirschhausen – das sei also die häufigste ärztliche Tätigkeit, für die es aber zu wenig Ausbildung gäbe.
Er wandte sich auch direkt an die Studierenden: „Sprecht mit den Patienten, stellt die richtige Frage, eine einzelne Frage kann Leben retten.“ Und berichtete von einem Beispiel eines Freundes, der mit 30 an Darmkrebs gestorben war: Zuvor hatte dieser einen Arzt um eine Darmspiegelung gebeten; jener hatte gesagt, der Patient sei zu jung dafür, er sollte mit 50 wiederkommen. Und hatte nicht gefragt, so Hirschhausen: „Haben Sie einen Grund für Ihre Sorge? Oder: Haben Sie jemanden in der Familie mit Darmkrebs?“ Tatsächlich hatte der Onkel des Mannes an Darmkrebs gelitten.
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Eckart von Hirschhausen: „Erkennt, wenn jemand in Not ist – das wird keine App so herausfinden.“
Hirschhausen riet den Studierenden weiter: „Erkennt, wenn jemand in Not ist – das wird keine App so herausfinden.“ Er veranschaulichte die Zusammenhänge mithilfe eines Beispiels eines Bekannten: Der war nach einem Autounfall querschnittsgelähmt und hatte in der Reha überlegt, wie er sich mit dem Rollstuhl die Treppen hinunterstürzen könnte, um sich das Leben zu nehmen. Auf Hirschhausens Frage, was ihn davon abgehalten habe, hatte der Mann erzählt: „Es gab einen Medizinstudenten auf der Station, der kam jeden Abend und nahm meine Hand und fragte mich, wie es mir ginge. Und sagte zum Abschied: Morgen komme ich wieder.“
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