Zum Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer in der Mainmetropole war der frisch vereidigte US-Präsident freilich nicht angereist. Dafür hätte er ob seiner jüngsten Twitter-Ankündigung, am heutigen Tag die Mauer zu Mexiko in Auftrag geben zu wollen, auch gar nicht die Zeit gehabt. Allgegenwärtig war Donald Trump dennoch – sowohl in den Vorträgen der prominenten Redner als auch in den Diskussionen der Gäste.
Die Top-Entscheider der Rhein-Main-Region fanden sich gestern unter dem Motto „Chancen für den Wirtschaftsstandort Frankfurt“ in der Frankfurter Börse ein, die, in fliederfarbenes Licht getaucht, nicht nur ein eindrucksvolles Bild abgab, sondern dieses Mal auch mit ganz besonderen Sicherheitsvorkehrungen aufwartete. Wer ohne Einladung zum Eingangs-Pavillon erschien, musste seine Taschen durchleuchten und sich selbst vom Metalldetektor scannen lassen.
Einmal im Inneren der Börse angelangt, traf die wirtschaftliche auf die politische Elite. So tummelten sich unter anderem Flughafen-CEO Dr. Stefan Schulte, Börsen-Chef Carsten Kengeter, Bankmanager Hilmar Kopper, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und FDP-Generalsekretärin Nicola Beer unter den rund 1800 Gästen, die nicht nur den Plenar- und Ludwig-Erhard-Saal, sondern auch die zahlreichen Nebenräume gut ausfüllten. Dort konnten auch die, die keinen Platz mehr im Plenarsaal ergattert hatten, die Reden über Bildschirme live mitverfolgen.
Was macht Donald Trump?
Themen des Abends: politischer Umschwung und damit einhergehende, wirtschaftliche Herausforderungen. „Es sieht so aus, als wolle Donald Trump die USA so führen, wie ein Vorstandvorsitzender sein Unternehmen. Sein Programm ist ziemlich geradlinig, weil einfach – Die Botschaft lautet Wachstum für Amerika“ fasste IHK-Präsident Prof. Dr. Mathias Müller den Kurs des neuen Präsidenten zusammen und machte deutlich, wie wichtig eine stabile Weiterentwicklung der transatlantischen Handelsbeziehungen für Hessen sei.
Auch der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier fand deutliche Worte, wie Deutschland mit der Politik des umstrittenen US-Politikers umzugehen habe: „Ich glaube nicht, dass wir klug daran tun, wenn wir uns in die Schlange der Anbiederer stellen“. Er mahnte außerdem dazu, auch in unübersichtlichen Zeiten Zuversicht zu bewahren. Anlass dazu gäbe es aufgrund der niedrigen Arbeitslosenzahlen und wirtschaftlichen Stärke allemal, so der CDU-Politiker. Dieser positiven Einstellung schloss sich auch Oberbürgermeister Peter Feldmann an und versicherte, dass Frankfurt für kommende Herausforderungen wie den Brexit strategisch gut gerüstet sei.
Trump ist wie ein Investmentbanker – er baut jetzt seine Position aus und dann beginnt er zu handeln. Auch wir werden von dem Aufschwung profitieren — Andreas Povel
Auch beim traditionellen Get-together auf dem Börsenparkett, das alljährlich exklusiv für die Gäste des IHK Neujahrsempfangs geöffnet wird, wurde heiß über die ersten Arbeitstage des neuen US-Präsidenten diskutiert. Der Grundtenor: Skeptisches Abwarten der nächsten Schritte Trumps. So zeigte sich IHK-Hauptgeschäftsführer Matthias Gräßle von dessen ersten Amtshandlungen irritiert. Er hoffe, dass es nicht so weitergehe: „Ich setze mein Vertrauen in die Berater des Präsidenten“.
Andreas Povel, ehemaliger Geschäftsführer der American Chamber of Commerce Germany, der selbst lange Zeit in New York lebte, sah hingegen die positiven Seiten der neuen US-Regierung: „Trump ist wie ein Investmentbanker – er baut jetzt seine Position aus und dann beginnt er zu handeln. Auch wir werden von dem Aufschwung profitieren“ versicherte er uns.
Während das dominierende Thema also „Donald Trump“ lautete, und sich sowohl die Vorträge als auch zahlreiche private Gespräche um die Herausforderungen des neuen Jahres drehten, äußerte Eintracht Frankfurt-Vorstand und Gastredner Fredi Bobic einen ganz persönlichen Wunsch: „Die Erfolge der Eintracht stehen natürlich im Vordergrund“, so der Schwabe. „Aber ich bin nun ja auch schon in gesetzterem Alter und da muss man natürlich drauf hoffen, dass man auch selbst fit bleibt“, lachte er. Wo sein Verein am Saisonende landen wird, konnte er zwar nicht voraussagen – das Bild des Eintrachtadlers, das während seiner Rede auf großer Leinwand hinter ihm erschien, symbolisierte jedoch passend die aktuellen Höhenflüge der Eintracht in der Bundesligatabelle.
Bei anregenden Gesprächen ließen Gäste wie Dr. h.c. Petra Roth, Oberbürgermeisterin a.D., Binding-Brauereichef Otto Völker sowie Indiens Generalkonsul Raveesh Kumar den Abend in entspannter Atmosphäre ausklingen. Mit einem Cuba Libre und einer frisch gedrehten Zigarre in der Hand konnten die eisigen Temperaturen außerhalb des Börsengebäudes leicht in Vergessenheit geraten. Für die, die dann doch irgendwann gen Heimat aufbrachen, war aber gut gesorgt: Jeder der Gäste bekam – wie könnte es anders sein – einen Eintrachtschal mit auf den Nachhauseweg.