Kloster Eberbach steht für Ruhe, Besinnung und feingeistige Unterhaltung. Nun plant der private Fernsehsender RTL im April eine seiner DSDS-Finalshows in der Basilika von Kloster Eberbach abzuhalten. Nicht jeder ist davon begeistert.
Als Vertreter tiefsinniger Unterhaltung ist Dieter Bohlen noch nie aufgefallen. In den vergangenen Jahren hat sich der Musiker, Produzent und Songwriter vor allem als Chefjuror der RTL-Castingshows „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) und „Das Supertalent“ hervorgetan – und immer wieder für Diskussionen gesorgt.
So etwa vor einigen Jahren, als der Jury unter seinem Vorsitz wegen abschätziger Bohlen-Kommentare Verstöße gegen Jugendschutzbestimmungen vorgeworfen wurden. Eine „mögliche sozialethische Desorientierung von Kindern und Jugendlichen“ lautete der Vorwurf der Kommission für Jugendmedienschutz. Andererseits erhielt DSDS drei Mal den Deutschen Fernsehpreis, unter anderem als „beste Unterhaltungssendung“.
Im April nun soll Kloster Eberbach bei Eltville im Rheingau Kulisse für eine der Finalshows von DSDS sein. In der Basilika, in welcher im Sommer das Rheingau Musik Festival mit Bruckner oder Schubert eröffnet wird, macht Bohlen mit seinen Kandidaten Station. „Deutschland sucht den Superstar“ im altehrwürdigen Kloster Eberbach? Das sorgt unter den traditionsbewussten Rheingauern für Wirbel. Dieter Bohlen am Altar der Zisterzienser? Kopflos sei das. Seelenlos, fürchtet beispielsweise der Vorsitzende des Freundeskreises Wolfgang Riedel um die Reputation des Ortes mit seiner fast 1000-jährigen Geschichte. Ähnlich sehen das die Eltviller Grünen: DSDS gehe verächtlich mit Menschen um und sei von „billigem Glanz“ und Oberflächlichkeiten geprägt.
Die geäußerte Kritik richtet sich jedoch eher gegen das RTL-Format und deren Personalien als gegen die Vermarktung als TV-Kulisse. Denn ungewöhnlich ist die Präsenz von Fernsehleuten in der mittelalterlichen Anlage nicht. Das 1803 säkularisierte Kloster ist seit vielen Jahren ein bewährter Aufführungsort für Konzerte und hat eine lange Tradition als Szenerie für Film und Fernsehen. Von den Dreharbeiten in den Jahren 1985/86 profitiert das Kloster noch heute, sagt Michael Palmen, Sprecher der Stiftung: Damals entstand dort der Film „Der Name der Rose“ nach dem Bestseller von Umberto Eco, unter anderem mit den Hollywoodstars Sean Connery und Christian Slater.
Auch wenn der kulturelle Sprung von dem Roman-Bestseller zum TV-Quotenschlager nicht von der Hand zu weisen ist, zeigt sich Stiftungs-Geschäftsführer Martin Blach überrascht vom kritischen Echo und versteht die Aufregung nicht ganz. Die Skepsis an dem Vorhaben nehme er zwar sehr ernst.
Dennoch sieht er die Vorteile im Vordergrund: Dies sei eine „einmalige Chance, sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, die wir uns nicht entgehen lassen wollen und können.“ Die Unterhaltungssendung mit dem Millionenpublikum sei eine Werbung für das Kloster und für den Rheingau. Außerdem werde die Neugier bei jüngeren Menschen an der ehemaligen Abtei geweckt. Eine „einmalige Chance“, die die Geschäftsführung „auf keinen Fall verpassen“ wolle.
Blachs Hauptargument für die Vermietung an den privaten Fernsehsender ist jedoch weder von religösen noch historischen oder ethischen Beweggründen geprägt. Es geht schlicht ums Geld. „Schwarze Zahlen haben ihren Preis“, sagt der Geschäftsführer. Die Alternative sei, dass der Steuerzahler wieder einspringe.
Er verweist darauf, dass die Stiftung seit 1998 allein für den Erhalt und Betrieb der rund 900 Jahre alten Klosteranlage verantwortlich ist. Das Land Hessen finanziert nur die bis zum Jahr 2024 laufende Generalsanierung. „Der Unterhalt der Anlage kostet uns etwa 7.000 Euro am Tag“, rechnet Blach vor, da seien eben kreative Finanzierungsmethoden gefragt.