Sie zählt zu den bekanntesten Gesichtern im deutschen Film und Fernsehen. Dabei lässt sich Lisa Maria Potthoff auf keine Rolle festlegen. Sie spielt die toughe Ermittlerin genauso wie das bayerische Provinzmädel, wie man derzeit im ZDF und auf der Leinwand sehen kann.
Bei dem Ausblick fällt es Lisa Maria Potthoff fast schwer, sich auf das Gespräch zu konzentrieren. Sie sitzt in der Präsidentensuite des Jumeirah-Hotels, im 24. Stock. Von ihrem Platz aus schaut sie durch das raumhohe Fenster direkt auf die Frankfurter Skyline. „Ich mag diesen Anblick sehr“, sagt sie und überlegt angestrengt, auf welchem Hochhausdach sie vor einigen Jahren eine Szene der Serie „Skylines“ gedreht hat, kommt aber nicht darauf.
Diesmal ist sie nicht zum Drehen in der Stadt. Sie sitzt in der Jury des Peugeot Drone Film Festivals, das das Hotel mit veranstaltet und beurteilt die internationalen Drohnenfilme, die dort prämiert werden. Auch in ihrem Metier würden die kleinen Fluggeräte mittlerweile als Stilmittel regelmäßig in den Filmen eingesetzt, erzählt sie. Erst kürzlich habe sie eine Szene gedreht, in der sie mit ihrem Filmpartner am Fenster eines hohen Hauses stand und die Drohne sie von außen gefilmt habe. Schwierig werde es bei einem Dreh mit Drohne aber für den Tontechniker, „weil sie nicht gerade leise ist“.
Lisa Maria Potthoff hat in den vergangenen Monaten viel vor der Kamera gestanden. Trotz der Corona-Beschränkungen lief die Filmindustrie nach dem Lockdown Anfang 2020 relativ schnell wieder an. Und die Nachfrage war durch die vielen Abende Zuhause groß. Die Schauspielerin war durchaus froh darüber. Der erste Lockdown sei eine Herausforderung gewesen, sagt sie und denkt besonders an das Homeschooling ihrer beiden Kinder zurück, das sie übernommen hatte. „Meine Fähigkeiten als Lehrerin sind äußerst beschränkt. Mir fehlt vor allem eines – die Geduld, von der Lehrer eine Menge haben müssen.“
Lisa Maria Potthoff: Drei Filme, drei Genres
Dafür durfte sie in den vergangenen Monaten gleich für drei Projekte vor der Kamera stehen, die aktuell zu sehen sind. Im Kino spielt sie seit 2013 neben Sebastian Bezzel in den Verfilmungen der bayerischen Eberhofer-Krimis von Rita Falk dessen On-off-Freundin Susi und ist gerade im siebten Teil der Serie mit dem Titel „Kaiserschmarrndrama“ zu sehen. Mehr als eine Million Besucher verzeichnet der Film bereits. Im Fernsehen verkörpert sie die wortkarge und kampflustige Ermittlerin Sarah Kohr im gleichnamigen ZDF-Mehrteiler und für den Streamingdienst TV Now übernahm sie in der Serie „Herzogpark“ die Rolle einer Karrierefrau.
Die Dreharbeiten in München, unter anderem mit Heike Makatsch, Heiner Lauterbach und Felicitas Woll, sind gerade abgeschlossen. Das Drehbuch schrieb die langjährige Bunte-Chefredakteurin Patricia Riekel, die im echten Leben im Münchner Nobelviertel Herzogpark wohnt. Mit der legendären Münchner Serie „Kir Royal“ will Potthoff die Gesellschaftskomödie allerdings nicht vergleichen. „Das wäre vermessen.“ Es sei eher eine moderne, komische und schwarzhumorige High-Society-Serie über die wirklich Reichen Münchens und deren Abgründe. Sie spielt darin eine toughe, alleinstehende Anwältin und eine von insgesamt vier Frauen, die versuchen, ihren männlichen Widersacher umzubringen. Statt der Polizistin, die sie sonst so häufig verkörpert, etwa bis 2019 in den Usedom-Krimis der ARD, ist sie diesmal also eine potenzielle Mörderin.
Diese Vielfalt in den Rollen genießt Lisa Maria Potthoff sehr. „Wenn man immer das Gleiche spielt, stumpft man doch ab. Es ist schon etwas Besonderes, dass man mir diese unterschiedlichen Rollen zutraut, die toughe, einsilbige Ermittlerin ebenso wie das Provinzmädel. Das empfinde ich als Kompliment, auch wenn ich nicht weiß, warum ich das verdiene.“ Immer wieder spielt sie dabei komödiantische Rollen. „Ich mag es, Dinge nicht so ernst zu nehmen.“ Humor sei sehr wichtig, da das Leben ohnehin schon ernst genug sei. Die Kombination aus Mundart und Humor, wie sie die Eberhofer-Krimis umsetzen, sind ihr daher sehr nahe. Denn in der bayerischen Mundart fühlt sie sich wohl.
Lisa Maria Potthoff: Kinofilm vom Riedberg
Geboren ist die Schauspielerin zwar eigentlich in Berlin, aber in München aufgewachsen. Und auch wenn ihre Eltern – ihre Mutter war Ärztin, ihr Vater Psychologe – kein Bayerisch sprachen, lernte sie es dennoch. Ihre ersten Fernsehrollen bekam sie schon vor und während ihrer Ausbildung an einer privaten Schauspielschule in München. Mit dem ersten Fernsehauftritt überhaupt besserte sie bereits mit 14 Jahren als Komparsin im „Derrick“ ihr Taschengeld auf. Dann wurde sie bereits professionell durch eine Agentur vermittelt. Die erste Sprechrolle bekam sie in der RTL-Serie „Die Flughafenklinik“ als Filmtochter von Sky du Mont. Es folgten zahlreiche Rollen im TV, darunter 2012 der Film „Tödlicher Rausch“, für den sie für den Bayerischen Fernsehpreis nominiert war. Ihr Kinodebüt gab sie 2003 in „Soloalbum“ an der Seite von Matthias Schweighöfer und Nora Tschirner.
Für den Kinofilm „Männerhort“ stand sie 2013 mit Elyas M’Barek und Christoph Maria Herbst auf dem Frankfurter Riedberg vor der Kamera. Für die Netflix-Serie „Skylines“ dann fünf Jahre später mitten im Bankenviertel. „Sonst kenne ich Frankfurt leider nicht gut“, stellt sie bedauernd fest. Ihre Filmheimat ist vor allem Bayern, obwohl sie mit ihrem Mann und ihren Kindern seit Langem in Berlin wohnt. Egal, ob sie die hochschwangere Polizistin in „Maria Mafiosi“ verkörpert oder die Brauerei-Erbin in „Bier-Royal“ oder eben jetzt die Eberhofer-Susi, sie alle sind dort angesiedelt. Wie auch die Serie „Herzogpark“, die sie zuletzt in München drehte. Sie ist nach „Skylines“ bereits ihre zweite Serie für einen Streamingdienst. Die Schauspielerin findet die Konkurrenz der neuen Anbieter zum linearen Fernsehen und Kino wichtig, weil sie die Qualität anhebe und die Branche modernisiere. Auf Kino und TV will sie deshalb aber nicht verzichten.
Lisa Maria Potthoff: Leidenschaft Kickboxen
Das Fernsehen verhalf Lisa Maria Potthoff auch zu einer besonderen Leidenschaft, die unschwer zu erkennen ist, wenn man ihre muskulösen Arme in dem fast ärmellosen Abendkleid betrachtet, das sie für das Filmfestival trägt. Für den ARD-Film „Carneval“ sollte sie – mal wieder als Kommissarin – eine Kampfszene ohne Stunt-Double spielen. Sie ging dafür drei Monate lang zum Kickboxen und erlernte die israelische Kampftechnik Krav Maga. „Dabei bin ich geblieben. Und es ist der erste Sport meines Lebens, der wie eine Sucht für mich ist“, verrät sie. Sich in die Hände des Trainers Yichy Chen zu begeben, der sie zwei Stunden lang an ihre Grenzen bringe, aber auch mit Freude seine Fähigkeiten mit ihr teile, das sei für sie magisch. Für die Rolle der Ermittlerin Sarah Kohr kann sie diese Leidenschaft nutzen. Auch in dieser kampfbetonten Serie versucht sie, so viele Stunts wie möglich selbst zu machen.
Mit glänzenden Augen berichtet die 43-Jährige dann noch von ihren Plänen, auf dem Weg von Frankfurt zum nächsten Eberhofer-Dreh in Niederbayern für eine eingeschobene Stunde bei ihren Münchner Trainern, die sie sich eigens dafür gesucht hat, sogar Umwege in Kauf zu nehmen. „Kampfsport hat viel mit Schauspiel zu tun. Ich muss wahrnehmen, was der Gegner macht und darauf reagieren. Kampfkunst erfordert wie Schauspiel Präzision, einen wachen Geist und körperliche wie mentale Flexibilität.“ Zudem fühle sie sich nicht nur körperlich besser. „Die Dreharbeiten für die Serie „Herzogpark“ dauerten vier Monate lang. Ich bin nach langen Drehtagen regelmäßig zum Kickboxen gegangen, teilweise bis 22 oder 23 Uhr. Und ich habe mich körperlich und mental fit gefühlt wie nie.“
Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Print-Ausgabe. Sie wollen schneller informiert sein? Hier können Sie ein Abonnement abschließen.